Edmund de Waal und Ai Weiwei im Kunsthaus Graz

space01-einblick-in-die-ausstellung-kekinwien-at

Geknetetes Wissen. Die Sprache der Keramik.

Mit seiner aktuellen Ausstellung im space01 widmet sich das Kunsthaus Graz dem Werkstoff Keramik. Ai Weiwei und Edmund de Waal haben teilweise kuratiert und sind mit ihren Werken vertreten. Ein Rundgang.

Über Ai Weiwei wurde zuletzt anlässlich seiner Ausstellung in Wien ausführlich berichtet. Ich empfinde heute im Gegensatz zu vor etwa zwei Jahrzehnten keine ungetrübte Begeisterung mehr für sein Werk. Für Graz hat er allerdings aus Asiatischer Frühkeramik eine interessante Auswahl getroffen, die durch ihre stringente, klare Präsentation jedem Besucher einen leichten Zugang ins Thema ermöglicht.

 

der-bestechende-charme-des-einfachen-kekinwien-at

Der bestechende Charme des Einfachen – kekinwien.at

 

Passiert man die Schaukasten mit den antiken Stücken, gelangt man zum zweiten thematischen Feld der Schau: Keramik in der Bildenden Kunst. Picasso, Klee, Malevich, … man wandelt durch einen Wald von Vitrinen. Die Dosis stimmt, und die Auswahl auch.

Wo die Abgrenzung zu Kunsthandwerk ist, zum kunstvollen Gebrauchsgegenstand? Es geht bei Keramikkunst nicht um die Zurschaustellung oder Dokumentation von handwerklichem Können, auch wenn das Meißen Porzellan am Eingang zur Ausstellung diese Idee vermitteln könnte. Es geht auch nicht um die nie zum tatsächlichen Gebrauch erdachten und gemachten Ungetüme und phantastischen Gebilde, die Mäzene und Fürsten in Auftrag gaben, weil sie es konnten, und um im Schein der Schönheit des Porzellans und in dem der eigenen Finanzkraft zu glänzen.

Es geht um Kunst

Jemand hat etwas zu sagen. Er drückt sich aus. Er spricht durch die Wahl des Mediums, des Materials, dessen Verarbeitung und durch die Präsentation des Werks und dessen Wirkung im Raum zu uns. Für mich ist die Keramik nicht anders wie die Malerei: Die Kunst entsteht letztlich im Rezeptor.

 

zeitgenoessisches-isamu-noguchi-1950-my-mu-und-love-of-two-boards-kekinwien-at

Zeitgenössisches: Isamu Noguchi, 1950, „My Mu“ und Love Od Two Boards“ – kekinwien.at

 

Ai Weiwei als Keramiker …

Der Künstler ist mit recht plakativen, teils humorvollen Arbeiten vertreten, die auch durch das Können des Keramikers bestechen. Vor dem geistigen Auge sieht man eine große Werkstatt mit unzähligen Assistenten, die Blüten formen und Krügen den Henkel abschlagen …
Die Welle hat mich beeindruckt. Das Bewegliche, Vergängliche ist erstarrt, gefangen in einem Material, das Jahrtausende überdauern kann.
Die Arbeiten sind zum Greifen nahe und mit genug Respektsabstand voneinander ausgestellt. Sehr angenehm.
Das war der dritte thematische Bereich. Das Beste kommt zum Schluss …

 

ai-weiwei-spouts-2015-im-vordergrund-im-hintergrund-die-schaukaesten-mit-den-modernen-keramikobjekten-kekinwien-at

Ai Weiwei, „Spouts“, 2015, im Hintergrund die Schaukästen für die Keramiken der Moderne – kekinwien.at

 

ai-weiwei-geknetetes-wissen-kekinwien-at

Geknetetes Wissen im Kunsthaus Graz; die Präsentation der Arbeiten von Ai Weiwei – kekinwien.at

 

kunstfertifkeit-oder-kunst-ai-weiwei-kekinwien-at

Kunstfertigkeit oder Kunst? The Wave, Ai Weiwei – kekinwien.at

 

De Waal ist De Waal ist De Waal.

Um einen De Waal zu sehen würde ich bis nach Timbuktu fahren. Zum Beispiel. Früher waren es Baselitz, Beuys, Brandl, Bacon (wobei die Alliteration rein zufällig ist), deren Werke ich gesucht und besucht habe, wo auch immer ich hingelangen konnte. Der Hase mit den Bernsteinaugen hat mich zu Edmund de Waal geführt.

Jetzt lese ich Die Weiße Straße, ein Buch, auf das ich so lange gewartet hatte, denn nur die Ankündigung, dass sich der großartige Autor auf die Spuren des Porzellans auf der ganzen Welt begeben würde, hat mich schon in große Vorfreude versetzt. Dann waren da der Theseustempel, und immer noch During the Night im Kunsthistorischen Museum und jetzt eben Graz.

 

edmund-de-waal-im-kunsthaus-graz-foto-c-claudia-busser-kekinwien-at

Edmund de Waal im Kunsthaus Graz, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

edmund-de-wal-water-salt-2007-kekinwien-at

Edmund de Waal: water, salt, 2007 – kekinwien.at

 

edmund-de-wal-cargo#1-1997-kekinwien-at

Edmund de Waal: cargo#1, 1997 – kekinwien.at

 

Edmund de Waal, "I speak of nothing else", 2015,  Courtesy des Künstlers und Galerie Max Hetzler Berlin / Paris, Foto: Mike Bruce

Edmund de Waal, „I speak of nothing else“, 2015, Courtesy des Künstlers und Galerie Max Hetzler Berlin / Paris, Foto: Mike Bruce

 

Porzellan spricht zu mir, es berührt mich, ich bin berauscht vor Begeisterung. Ich betrachte es, bis ich es nicht mehr aushalte, dass ich es nicht berühren darf, nicht hochhalten gegen das Licht, nicht Befühlen in seiner erstarrten Zartheit. Seit ich weiß, dass es eine Künstleredition im KHM, ein winzige Scherbe in einer Auflage von 50 Stück zu kaufen gibt, habe ich schlaflose Nächte.
Verrückt? Egal.
Wer meine Begeisterung nicht teilt, dem wird in Graz zumindest ein ästhetisches Vergnügen beschert werden beim Besuch von „Geknetetes Wissen!

„Schaun‘ Sie sich das an!“ (Karl Farkas)

 

 

Edmund de Waal, "Irrkunst" (Detail), 2016,  Courtesy of the artist und Galerie Max Hetzler, Berlin / Paris, Foto: Mike Bruce

Edmund de Waal, „Irrkunst“ (Detail), 2016,
Courtesy of the artist und Galerie Max Hetzler, Berlin / Paris, Foto: Mike Bruce

 

Geknetetes Wissen

Die Sprache der Keramik
Edmund de Waal und Ai Weiwei

Kunsthaus Graz, space01
Lendkai 1, 8020 Graz
Tel.: +43 316 8017 9200
E-mail: kunsthausgraz@museum-joanneum.at
web: www.museum-joanneum.at

Öffnungzeiten: Di bis So und Fei 10.00 – 17.00 Uhr
Die Ausstellung läuft seit 20.September  und noch bis zum 2. Feber 2017!

Eine Produktion des Kunsthauses Graz in Kooperation mit steirischer herbst.
Kurator: Peter Pakesch

kekinwien.at

Dein Kommentar

keke Spam-Abwehr: *