Terminator : Genisys

Arnold, we’ve been waiting for you! Terminator : Genisys läuft in unseren Kinos.

Alle Jahre wieder wird im Terminator-Franchise in der Zeit herumgereist um die Technik daran zu hindern, uns Menschen zu unterjochen.

Zeit für ein weiteres Kapitel aus der Sammlung Mensch versus Maschine

Rebellenanführer John Connor erobert im Krieg gegen die zerstörerischen Roboter die Zeitmaschine, durch die erst vor wenigen Momenten der Terminator T-800 in das Jahr 1984 zurückgeschickt wurde – welch Pech. John schickt daraufhin seinen Freund Kyle in die Vergangenheit, um Johns Mutter Sarah Connor vor der robotischen Bedrohung zu beschützen.

Die Logik dahinter kennen wir bereits: Ist die Mutter des Rebellenanführers im Krieg gegen die Maschinen tot, wird es den Anführer nie geben und die Menschheit ist verdammt. In Terminator: Genisys gibt es in weiterer Folge viele Zeitschleifen, deren Logik man zunächst nachvollziehen kann, bis es irgendwann zu viel wird. 2029, 1984, 2017 – die ProtagonistInnen bewegen sich durch die Zeiten um dabei das Gefühl einer komplexen und durchdachten Story zu generieren und dabei zu cachieren, dass doch irgendwie alles beliebig und der regelmäßigen Abfolge von Actionszenen unterworfen ist.

Das Actionkino der 1980erJahre, aus dem das Terminator-Franchise entspringt, fokussierte sich in seinen Höhepunkten auf simple Storylines, in die man jedoch allerhand an Kultur- und Gesellschaftskritik hineinpacken konnte. Im Jahre 2015 wird durch eine scheinkomplexe Handlungsabfolge die Tatsache in den Hintergrund gerückt, dass hier ein Film versucht, technologiekritisch daherzukommen und vor den Auswirkungen der gegenwärtigen Cloud- und Smart-Home-Entwicklungen zu warnen.

Hollywood, quo vadis?

Ja, die Welt wird durch das Diktat der i-Technokratie untergehen und wir werden es nicht einmal bemerken. Schön und gut, irgendwie wissen wir das schon. Doch es wirkt wenig glaubwürdig aus der Metaebene eines Films, dessen einzige erkennbare Tiefe im lieblosen 3-D-Mantel zu finden ist.

Kulturpessimistische Anmerkungen zu Terminator: Genisys könnten Seiten füllen und nicht nur vor dem Kinobesuch abraten, sondern auch alles aufzählen, was im heutigen Blockbuster-Kino schiefgeht.
Und doch: Diesen Film muss man gesehen haben, hat man es doch mit ganz großem Schauspiel-Kino zu tun, welches im Action-Blockbuster seit Jahren bereits zu einer Seltenheit gehört.

Schüsse, Fist-Fight, Testosteron.

Wenden wir uns dafür im Detail der ersten Zeitreise des Films zu, in der Kyle dem T-800 nachreist um Sarah Connor zu beschützen. Nun werden wir für einige Bilder in den allerersten, genre-definierenden Terminator-Film von James Cameron zurückversetzt: selber Schauplatz, dieselben Figuren. Derselbe Auftritt: Ein digitalisierter junger Arnold Schwarzenegger, wie wir ihn aus dem Kinojahr 1984 kennen, tritt auf. Bevor er von den drei Punks aus dem ersten Terminator-Film deren Kleidungsstücke einfordern (und einem danach das Herz herausreißen) kann, wird er unterbrochen: „You won’t be needing any clothes. I’ve been waiting for you.“ Der gealterte T-800 steht vor dem Jungen. Der 67-jährige Arnold Schwarzenegger schießt auf den 37-jährigen US-Steirer von damals. Schüsse, Fist-Fight, Testosteron.

Man kann sich hier rein am Spektakel des Arnold-versus-Arnold-Moments erfreuen. Oder an der sensationellen Metaphorik, die vom vergänglichen Helden des Actionkinos und dessen etwas verzweifeltem Kampf gegen das moderne, rundum-digitalisierte Kino zeugt, in dem der menschliche (Stunt-)Körper immer mehr hinter programmierten Bildern zu verschwinden droht.

Kämpft hier Arnold gegen das moderne Kino, oder erfreut er sich einfach nur, doch noch ein Teil davon sein zu dürfen?

Die Lesart sei einem selbst überlassen. Diese einzige wirklich nennenswerte Szene eröffnet einen Film, in dem haargenau zu erkennen ist, was neben dem erwähnten Inhaltsvakuum im heutigen Cinema of Attractions gehörig schiefgeht: Die archetypische Figur des Heros.

Emilia „Khaleesi“ Clarke ist als Sarah Connor fast so hölzern wie Jason Clarke als ihr Sohn aus der Zukunft und Jai Courtney als Kyle Reese. Sie bleiben profillose Spielbälle, die von Action-Szene zu Action-Szene geworfen werden. In diesem Lichte wird Arnold zu sehr viel mehr als demjenigen, der sich über seine eigene Vergänglichkeit lustig macht und einen „I’m old“-Witz nach dem anderen schiebt.

„Old, not obsolete.“

erwähnt er hier in seiner Paraderolle gleich mehrmals. Das ist ein Understatement. Obwohl die Rolle des T-800 jegliche Emotion verbietet, verkörpert sie Schwarzenegger mit viel mehr Liebe zum Detail als seine blassen KollegInnen. Dass die Form des Helden, für die Schwarzenegger in der Ära Reagans und Bush Seniors stand, schon länger der Vergangenheit angehört, ist nachvollziehbar. Dass damit eine Kostbarkeit von Kinokultur verloren geht, wird gerade in diesem Blockbuster-Sommer offensichtlich: Das Actionkino ist in eine Sackgasse des Spektakels gekommen, in der die Figuren viel zu kurz kommen – siehe auch Jurassic World.

Doch glücklicherweise ist Schwarzeneggers Politikausflug vorbei. Daniel Kehlmann fand vergangene Woche in der ZEIT in seinem Text zu Terminator: Genisys die richtigen Worte: „In dem Augenblick, als der alte Schwarzenegger den jungen Terminator in Stücke schlug, war alles Nötige gesagt.“

Liebes Hollywood, schlag doch das moderne Actionkino öfter in Stücke! Das Publikum wird es dir danken.

Terminator: Genisys
2015, USA, 126min
Drehbuch: Laeta Kalogridis, Patrick Lussier
Regie: Alan Taylor
mit Arnold Schwarzenegger, Jason Clarke, Emilia Clarke, …
Der Streifen läuft derzeit in vielen Wiener Kinos.

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