Auf dem Markt im September: Milch!

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auf dem Markt im September - kekinwien.at

Milch, und was man mit und aus Milch macht!

In den Sommermonaten bin ich als Kind an der Hand meiner Eltern und mit der ‘Milchpitschn’ in der anderen Hand zu einem nahegelegenen Bauernhof Milch holen gegangen. Auch in den 1970er Jahren wäre es einfacher gewesen, dafür mit dem Auto in ein Geschäft zu fahren, aber es war ein schöner Abendspaziergang zwischen Blumenwiesen – und der kurze Besuch im Stall hat mir immer gefallen.

Mitlerweile betreiben in dieser Gegend im Salzburger Flachgau nur mehr etwa die Hälfte der Bauernhöfe Milchkuhhaltung. In den Wiesen würde man heute als Biene mangels Blumen verhungern, denn Blumen machen die Kühe nicht satt, sagen die Agrarexperten. Das meiste Gras wird zu plastikverpackten Heuballen (Plotteggs) verarbeitet und die Milch der Kühe, die damit gefüttert werden, ist nicht mehr so gut ‘wie ganz früher’, als es auch noch keine Silos gab.

Einen Hof, bei dem direkt aus dem Stall offene Milch verkauft wird, kenne ich nicht mehr. Darf man das überhaupt noch?
Milchautomaten sehe ich am Land manchmal, aber leider ist mir noch nie eine ‘silofutterfreie’ oder gar biologische 24-Stunden-Versorgung untergekommen. Schade, aber die Bauernschaft muss sich heute offensichtlich mehr damit beschäftigen, ob der Milchverbrauch in China noch weiter steigen könnte, oder welche Auswirkungen die Russland-Sanktionen auf die Milchmenge auf dem Weltmarkt haben, als die direkte Umgebung zu versorgen. Milch wird heute quer durch die Welt verkauft und mit dem Milchpreis wird spekuliert.

Almabtrieb - kekinwien.at

Almabtrieb – kekinwien.at

In den letzten Wochen war die Bauernschaft in Europa recht aufgebracht. Traktorendemonstrationen zogen nach Brüssel oder Paris, um dort für höhere Milchpreise zu demonstrieren.
Was war passiert? Per Ende März wurde das bisherige System der Mengenbegrenzung abgeschafft. Was und wie viel wer produziert, soll in der EU ja jeder in Reaktion auf Marktsignale selbst entscheiden dürfen.
Angeblich völlig unerwartet sank der Milchpreis dann im Sommer ins Bodenlose, die Hersteller bekamen nur mehr knapp mehr als die Hälfte der vor der Mengenfreigabe erzielten Preise. Mitte September wurde die Stimmung am Milchmarkt besser – und schon scheint die Welt wieder ‘in Butter’.

Auch einige Österreichische Milchproduzent_innen wittern ihre Marktchance und bauen neue ‘Riesenställe’. Damit werden weitere kleinere Milchbauern und Bäuerinnen verdrängt, deren Höfe zu klein sind, um die Milchpreisschwankungen ausgleichen zu können. Es gibt scheinbar nur die Alternative: wachsen oder untergehen. Der dritte Weg, ein Qualitätsbewusstsein mit Bioprodukten, bleibt bisher nur für 18% der Milchhersteller_innen die Alternative und damit liegt Österreich ohnehin ganz weit vorne.
Die anderen wollen mit den ganz großen Milchbetrieben konkurrieren. Der Allergrößte steht übrigens in der Saudi Arabischen Wüste. Die aneinandergereihten Viehhallen gleichen weit eher einem automatisierten Ameisenhaufen als einem Stall. 50.000 Kühe produzieren dort 800.000 Liter Milch pro Tag.

Milch und Milchwirtschaft - kekinwien.at

Milch und Milchwirtschaft – kekinwien.at

Mit leeren Flaschen und Gläsern spaziere ich 40 Jahre später auf meine Lieblingsmärkte, um sie bei den Milchstandler_innen gegen solche, gefüllt mit bester, nicht pasteurisierter Milch und weiteren Köstlichkeiten wie Rahm und Joghurt zu tauschen, die ich nur dort bekomme.

Neben Produkten aus Kuhmilch gibt es mittlerweile viele Spezialitäten wie Schafstopfen oder Ziegenfrischkäse, vor wenigen Jahren in Österreich noch recht unüblich.
Die Tiere kleiner Produzent_innen sind fast überall im Sommer auf den Almen, in Hochlagen, wie etwa in Vorarlberg, erst auf der Voralm, dann auf der Hochalm und dann wieder unten, bis zum Almabtrieb im September.

Dass man nur aus bester Milch guten Käse machen kann, hat sich bereits herumgesprochen. Viele Kunden gehen extra zu ‘ihrem’ Marktstand um etwas Käse ‘vom Feinsten’ zu bekommen. Am Nachhauseweg kaufen sie dann im Supermarkt Milch, Butter, Joghurt und Rahm. Man vergisst diese scheinbar selbstverständlichen Grundprodukte auf dem Markt leicht, weil sie (im doppelten Wortsinn) meist etwas im Hintergrund stehen und nicht so toll wie der schöne Käse präsentiert werden. Wer aber einmal auf den Geschmack gekommen ist, wird nicht mehr mit geringerer Qualität zufrieden zu stellen sein.
Ich rate zu einer Vergleichsverkostung. Nach meiner Erfahrung schmecken die Milchprodukte kleiner Produzent_innen noch um einige Stufen besser als Biomassenware. Die verschiedenen Blumen, die bei ihnen noch in der Wiese wachsen dürfen, sind die Gewürzkräuter, die zu jeder Jahreszeit der Milch eine andere Note verleihen.
Wer seinem Geschmacksinn durch eine solche Schulung vertrauen kann, der bekommt auch ein anderes Verhältnis zu den vorgegebenen Haltbarkeitsangaben und interessiert sich vielleicht auch dafür, wie die Herstellungsprozesse verlaufen. Von (unpasteurisierter) Milch wird der Rahm abgeschöpft, aus Rahm macht man Butter …

Milch, Rahm, Butter - kekinwien.at

Milch, Rahm, Butter – kekinwien.at

Köch_innen der Spitzengastronomie lassen sich die Butter gerne aus Paris liefern. Ich habe dort auch schon ‘Beurre d‘Echiré’ probiert (angeblich eine der besten), meine aber, dass in Österreich genauso gute zu finden ist. Die ist zwar weniger berühmt, aber dafür oft mit einer Model verziert. Gesehen sollte man die große Auswahl an Butter in den Pariser Supermarktregalen aber schon haben!
Sauerrahmbutter ist übrigens besser zum ‘auf’s Brot schmieren’, während Süßrahmbutter sich angeblich besser zum Kochen eignet. Ich nehme dazu aber lieber Butterschmalz, das auf allen guten Märkten angeboten wird. Es entspricht dem indisch ‘Ghee’, das nach der Ayurveda-Lehre in jedem Fall sehr gesund sein soll und, wenn man sich von der Idee verabschiedet, dass Butterschmalz altmodisch ist, sehr fein schmeckt.

Meinem Hang zur italienischen Küche – ich bevorzuge Ricotta gegenüber Topfen und koche lieber mit Mascarpone als mit Schlagobers – kommen die oft sehr traditoinellen österreichischen Bio-Marktfahrer_innen leider nicht entgegen.
Dass es, so weit ich weiß, noch niemand gelungen ist in Österreich echten Mozarella zu produzieren, wundert mich allerdings nicht seit ich gehört habe, was das für eine Kunst ist.
Um ‘griechiches Joghurt’ zu bekommen muss man nur konventionelles Joghurt einige Zeit abtropfen lassen. Ob ich das mich süchtig machende türkische ‘Kaymak’ (kein ‘Yoğurt’, sondern Rahm) in Wien finde, wird eines meiner nächsten Projekte.
Vielleicht bald mehr darüber hier!

über den grünen Klee: Milch! - kekinwien.at

über den grünen Klee: Milch! – kekinwien.at


Dein Kommentar

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2 comments

  1. mir

    ‘Kaymak’ das wie ich jetz weiß, nicht nur in der Türkei sondern auch in Afganistan gerne in der Küche verwendet wird, gibts am Samstag Vormittag bei einem kleinen Standl am Yppenmarkt (vorm Staud).

    • club

      danke, da muss ich unbedingt das nächste mal schauen, keke grüße, claudia