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Ein Gauner und Gentleman

Angeblich ist dies sein letzter Film – vor der Kamera. Man könnte es ihm glauben, will es aber nicht. Robert Redford ist jetzt 82 Jahre alt.
Er ist ein Gauner und Gentleman …

Wir schreiben die 1980er Jahre in den USA: Ein eleganter Mann mit Hut und Schnurrbart in einem mittelblauen Anzug bekommt von der Kassierin der Bank eine braune Ledertasche überreicht. Der Mann (Robert Redford) wirkt ruhig, freundlich, ja geradezu charmant. Sein Gesicht ist zerfurcht von Falten, doch die Augen lächeln. Die Bankangestellte wirkt hingegen gar nicht glücklich. Kein Wunder, sie wurde gerade überfallen! Der betagte Bankräuber verlässt die Bank. Seine Flucht ist inklusive Wechsel des Fluchtautos ebenso ausgefuchst wie der Überfall selbst. Doch ein junger Polizist (Casey Affleck) ist dem Gauner auf den Fersen …

 

Ein Gauner und Gentleman, Robert Redford und Casey Affleck, Filmstill, Bild (c) Thimfilm

Ein Gauner und Gentleman, Robert Redford und Casey Affleck, Filmstill, Bild (c) Thimfilm

 

Nach einer wahren Geschichte

Die Handlung des Films beruht auf der Lebensgeschichte des Bankräubers Forrest Tucker (1920 bis 2004). Die Tatsache, dass der Kleinkriminelle 18 Mal aus Bundesgefängnissen ausbrach bzw. den Großteil seines Lebens inhaftiert war, wird im Film leicht romantisiert dargestellt. Man erliegt dem Charme des bösen Buben schon in den ersten Minuten aber nicht bloß deshalb: Redford trägt den Film.

Wenn man sich noch etwas wünschen dürfte

Für seinen letzten Film: tolle Schauspieler bis in die kleinste Nebenrolle als Kolleg*innen zum Beispiel.
Der Cast ist tatsächlich wunderbar.

Es gibt ein erfrischendes Wiedersehen mit Sissy Spacek, in die man sich auch gleich mit verliebt. Auch „Tucker’s Gang“ ist mit Danny Glover und Tom Waits hochkarätig besetzt. Man genieße bitte den Monolog an der Bartheke, in dem Waits eine wahre Anekdote aus seinem Leben erzählt – angeblich seine Idee. Regisseur David Lowery ließ ihn gewähren und tat gut daran. Casey Affleck schafft es als Detective John Hunt (!) seine Figur so zu gestalten, dass man hin- und hergerissen ist zwischen ihm und Forrest Tucker alias Robert Redford.
Wer soll gewinnen, der Gauner oder der Polizist? Um Gut gegen Böse geht es aber nicht in „Ein Gauner und Gentleman“.

 

Die Gang, Ein Gauner und Gentleman, Filmstill (c) Thimfilm

Die Gang, Ein Gauner und Gentleman, Filmstill (c) Thimfilm

 

Ein Gauner und Gentleman zitiert gern 

Cineasten werden auch an den zahlreichen Filmzitaten ihre Freude haben: Butch Cassidy und Sundance Kid, Der Clou oder Carrie. Und wer denkt beim Originaltitel „The Old Man and the Gun“ nicht an The Old Man an the Sea?
Natürlich kann man „Ein Gauner und Gentleman“ schlicht als herzerwärmende Unterhaltung sehen und Menschen dabei beobachten, wie sie etwas mit Freude und Leidenschaft tun. Weder Tucker noch Hunt geht es ums Geld, um Einfluss oder Macht. Sie tun gern, was sie tun und sie sind gut darin.

Das Tempo ist niedrig

Der auf 16 mm gedrehte Film scheint der Zeit, in der er großteils spielt, ganz und gar angepasst. (Man beachte bitte auch die großartige Ausstattung. Der Fuhrpark ist ein Traum.) Zwei mittelalterliche Kinobesucherinnen raunten einander beim Verlassen des Kinos zu: „Ich hätte mir mehr Action erwartet.“ „Es geht halt um einem notorischen Bankräuber und sonst nix.“

Stimmt, das ist kein Film über besonders smarte, technisch knifflige Einbrüche wie in der Ocean’s Trilogie. Und außer bei zwei Verfolgungsjagden mit beeindruckend großem Polizeiaufgebot, bleibt das Tempo moderat. Bei einem größerer Raubzug, den Forrest mit seinen zwei Kumpels ausführt, wird auch nur die Planungsphase und das nicht ganz pannenfreie Ergebnis gezeigt. Ich mochte das.

Kann man diesem Film zu große Leichtigkeit vorwerfen?

Ja, durchaus. Schusswunden, nicht gelebte Elternschaft, der Strafvollzug, … alles kein Honiglecken eigentlich.
Erliegt man der Poesie, der Langsamkeit und Charme von „Ein Gauner und Gentleman“?
Unbedingt.

Statt des Fazits diesmal ein Filmzitat:
„Stephen Beckley Jr., Esquire : 
I remember I sat down with him once and I said, ‚Forrest, surely there’s an easier way for somebody in your position to make a living.‘
And he looked at me and he said, ‚Brother, I’m not talking about making a living. I’m just talking about… living.'“

 

 

 

Ein Gauner und Gentleman

2018, USA, 93min
Drehbuch: David Lowery; David Grann
(Anmerkung: Das Drehbuch basiert auf David Granns 2003 erschienenem Artikel im The New Yorker „The Old Man and the Gun“, der später in Granns Buch „The Devil and Sherlock Holmes“ einfloss.)
Regie: David Lowery
mit Robert Redford, Casey Affleck, Sissy Spacek, Danny Glover, Tom Waits, Tika Sumpter, Keith Carradine, …
FSK 6 Jahre

Der Film läuft derzeit in unseren Kinos.
(Beitragsbild: Ein Gauner und Gentleman, Filmstill (c) Thimfilm)

 

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