joel sternfeldEva sagt mir, ich muss hin, schnell, in die Albertina, mir Joel Sternfeld ansehen.
Gesagt, getan.
Danke, Eva!

Und jetzt sag‘ ich’s euch: geht hin, schnell!
Denn der amerikanische Pionier der New Color Photography ist nur noch bis Ende dieses Monats zu bestaunen.
Es ist einer jener Ausstellungsbesuche, die sich einbrennen, und in denen die Zeit für einige Momente still zu stehen scheint.

Das Werk Sternfelds (geb. 1944 in New York) ist unglaublich ergiebig.
Die Albertina füllt in Kooperation mit und nach dem Museum Folkwang in Essen, das 2011 die erste Sternfeld-Retrospektive in Europa gezeigt hat, sämtliche Propter Homines-Hallen mit 130 Arbeiten aus vier Jahrzehnten.

Zu sehen sind Frühwerkserien der 1970er Jahre: Nags Head, Rush Hour, Happy Anniversary Sweetie Face! und die wohl bekannteste Werkgruppe American Prospects (1978-86), die dem Fotografen zu seinem Durchbruch verhalf.
Außerdem: Stranger Passing, On this Site, Oxbow Archive, When it changed, Treading on Kings, Walking the High Line und Sweet Earth.

Was einen erwartet, sind sozialkritische Porträts und poetische US-Landschaften, die beide atmosphärische Stimmungsbilder sein können. Die Albertina zeigt auch Kleinbildfotografien aus den Anfangsjahren von Sternfelds Karriere und riesenhafte Großformataufnahmen aus den späten 1970er Jahren bis heute, außerdem zwei als Videoarbeiten angelegte Projekte.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Wirkung seiner Bilder im Original nochmals verstärkt.
Wenn du vor ihnen stehst, kannst du sie richtig spüren.
Der Fotograf beweist in seiner Arbeit Skepsis und Sensibiliät gleichermaßen.

Bücher erachtet Sternfeld als wichtigste Präsentationsform – noch vor Ausstellungen, denn nur sie sind in der Lage über die Zeit hinweg, seine Fotografien einem breiten Publikum näher zu bringen. Bereits elf Fotobände brachte er heraus. Und deshalb liegen seine Bücher in der Ausstellung – als sehr nette Ergänzung – auf Pulten auf.
Übrigens, auch Martin Parr, bekanntester europäischer Vertreter der neuen Farbfotografie, denkt so.

Andrea Schurian gelang es, dem Fotografen ein Interview zu entlocken, in dem er höchst interessante Einblicke in sein Leben und Werk gibt und u. a. erklärt, warum Sprache, die Kunst immer nur verletzt und sie nie vollständig wird beschreiben können:
http://derstandard.at/1339638813014/Pionier-Ich-dachte-alle-Fotografen-waeren-Idioten

 

der Wegweiser zu "Körper als Protest" in der AlbertinaKörper als Protest ist der „Drüberstreuer“ in der Säulenhalle.

Hier beweist Kurator Walter Moser viel Humor, wenn er Coplans Allerwertesten zwar nicht direkt, aber doch knapp neben Mapplethorps ästhetischer Aufnahme von Vincets Hinterteil hängt. Coplans haarigen Rücken mit den zwei Fäusten darüber kenne ich aus einer Vorlesung an der Uni, nun konnte ich sie endlich im Original sehen.

Dass die Fotografie Teil der Albertina-Fotosammlung ist, wusste ich nicht, sowie einige andere wichtige Coplans Werke.
Der Besucher dieser Ausstellung wird mit überdimensionalen Zehen, Füßen, Beinen, Fingern, Armen und anderen Körperteilen in Großaufnahme konfrontiert.
Hier setzt man sich mit dem Körper abseits gängiger Idealisierung auseinander.

Weitere KünstlerInnen der Ausstellung, die ebenfalls den Körper in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung rücken, sind Hannah Wilke, Ketty La Rocca, Hannah Villiger, Vito Acconci, Bruce Nauman, Robert Mapplethorpe und Miyako Ishiuchi.

In Erinnerung blieben mir Ishiuchis gefühlvolle Abbildungen eines über 80-jährigen Tänzers und seiner Haut als Landschaft, Wilkes auf Aluminium montierte, groß ausgearbeitete Polaroids ihres Körpers, schwer lesbar und deshalb spannend. Beeindruckend auch Ketty la Roccas überblendete Röntgenaufnahme ihres Gehirns mit der Faust in der Mitte, sowie Acconcis Video, in dem er sich die Haare rund um seinen Nabel ausreißt, um auf die Geschlechterrollen aufmerksam zu machen.

Der sehr umfangreiche Katalog zur Schau widmet sich außerdem noch dem Thema Körper im Wiener Aktionismus.
Und: Esel veranstaltet ein Foto-Gewinnspiel zur Ausstellung: http://esel.at/foto-gewinnspiel-verformung-des-korpers

 

Joel Sternfeld. Farbfotografien seit 1970
Nur noch bis 7.10.2012 zu sehen!

Körper als Protest
Laufzeit der Ausstellung: 5.9.2012 bis 2.12.2012

Kaiser Maximilian I. und die Dürerzeit
„Kaiser Maximilian I. (1459-1519) zählt zu den faszinierendsten Persönlichkeiten der Geschichte. Als Meister einer nahezu modern anmutenden Selbstinszenierung beauftragte er die besten Künstler seiner Zeit, allen voran Albrecht Dürer.“, beschreibt die Albertina auf ihrer Website die Ausstellung.
Eine umfassende Schau zu einem der ersten „Medienkaiser“, die einen extra Besuch in der Albertina wert ist. Besonderes Highlight: der sehr ansprechend vor rotem Samtvorhand erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, über 50m lange Bilderfries Triumphzug Kaiser Maximilians von Albrecht Altdorfer und seiner Werkstatt!
Die Ausstellung läuft seit 14.9.2012 und noch bis 6.1.2013.

 
Albertina
Albertinaplatz 1, 1010 Wien
 
Tel: 01/ 534 83-0
E-mail: info@albertina.at 
Website: http://www.albertina.at/
 
Öffnungszeiten: täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 21.00 Uhr
Eintritt: regulär Euro 11,00, zahlreiche Ermäßigungsmöglichkeiten

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