Eine Ausstellungseröffnung in einer kleinen Galerie irgendwo am Rande von Boboville. Dort, wo das Kopfsteinpflaster beginnt schräg abzufallen und Besucher mit zu viel Hauswein bereits die ersten Schwierigkeiten haben, nicht den Hügel hinabzukollern.
Die Bilder in dickem Öl – klotzen nicht kleckern! – halten sich an kein Format und haben die Hängung zu keinem einfachen Unterfangen gemacht. Eine Unruhe geht davon aus – die Künstlergruppe ist sichtlich ergriffen davon. Es wird auf und ab getigert, gestenreich Unausprechliches in Worte gefasst.
Meine Künstlerfreundin erklärt gerade eines ihrer Bilder und ich mache mich auf die Suche nach der Quelle des Hausweins. Ein Künstler, Existenzialist oder Pfarrer schenkt sich sein Glas voll und braucht dafür bereits mehr Wein als nötig. Das darunter stehende Weißbrot leidet ein wenig – egal meint er, im Magen käme ohnehin alles wieder zusammen.
Dies sei eine Agape, erklärt er, ein „Liebesmahl“ und dass die Städter nicht Liebe genug bekommen könnten, weil eh alle so beschäftigt wären und die Stadt so kalt wäre. Die Propheten und Aufzeiger sind mir die Liebsten. Ich nehme ihm den Wein aus der Hand und gieße, ohne einen Tropfen zu verschütten, mein Glas voll.
Er zitiert Paulus, der die Liebe neben Glaube und Hoffnung als die höchste der drei Tugenden gepredigt hat. Ich greife zu den Oliven und überlege, wohin ich den Kern entsorgen könnte. In der Mitte des Tisches steht eigens dafür eine große Schüssel.
Die Maler der Sieneser Schule hätten die Olive als Symbol für die Jungfrau Maria verwendet, um sich von Florenz zu unterscheiden. Dabei versucht er sich ebenfalls eine Olive zu greifen.
Ob es ein christliches Wunder ist oder es die Jungfrau Maria nach all den Jahren einfach satt hat, ihre Früchte mit anderen zu teilen: seine Finger greifen just in jene Schale mit den abgenuckelten Olivenresten und ich wende mich verstohlen grinsend wieder den Bildern zu.