1.Akt, 1. Szene: MoorlandZur Uraufführung von Moorland im TAG sind viele Theatermenschen gekommen: Alexander Braunshör, Sonja Romei, Guido Tartarotti,…
Wie lange ist eigentlich meine letzte Uraufführung her?
Eine gottverdammte Terroristenbande liebt, mordet, sucht und stirbt in der neuen Überschreibung von Friedrich Schillers „Die Räuber“ von Gernot Plass.

Die Stimmung vor Beginn des Theaterabends ist flirrend, aber weniger distanziert als in Burg oder Akademie. Das Buffet hat schon vorher geöffnet, manche werden ihr Bier mit ‚reinnehmen, draußen auf der Esterhazygasse stehen umringt vom Premierenpublikum ein Tisch und ein Aschenbecher. Im Anschluss wird es ein Buffet mit Chilli geben und DJ-Sounds. Die sechs Darsteller in Moorland, die 140 Minuten fast ununterbrochen auf der Bühne stehen, werden sich eine Stärkung danach auch redlich verdient haben.
Theater ist mehr als die Bretter, die die Welt bedeuten. Und denen ist man verdammt nahe im TAG.

Die Inszenierung von Gernot Plass ist sehr dicht, die Szenenumbauten werden im Laufschritt absolviert und manchmal erscheinen die Schauspieler durch den Text gepeitscht.
Schade, denn dem Changieren zwischen Schiller’schem Sturm und Drang Getöse und den sehr heutigen Passagen, schenkte man gern Gehör. Viel Wahres, Gesellschaftlkritisches, Philosophischens, „In Tyrannos“ von heute und damals könnte man da hören und genießen, wenn man könnte!
Zu gehetzt, zu laut ab und an die Sprache, obwohl sechs sich erstklassig artikulierende Schauspieler hier zur Verfügung stehen, bleibt das Publikum besonders nach der Pause hin und wieder auf der Strecke.
Traute Plass seinem Text nicht, liegt es an der Dramaturgie von Isabelle Uhl?
Schade jedenfalls, weil es mit ein paar kleinen Strichen (kurz vor der Pause oder beim Warten der Räuber auf Moor und mindestens fünf Mal „Halt die Klappe!“ z.B.) hätte man an Moorland sicher noch mehr Vergnügen.

Julian Loidl als hinterhältiger, intrigenspinnender Franz Moor ist angsteinflössend gemein in den langsameren Monologen, das Blut gefriert mir in der zweiten Reihe. Und wenn er in der „Liebesszene“ mit Amalia (manchmal zu viel nach vorne gespielt von Michaela Kaspar) wutschnaubend immer wieder ins Off verschwindet, erntet er verdient die Gunst des amüsierten Publikums.

Gottfried Neuner ist Karl Moor, der zunächst reuige Student, erst Vaters, Amalias und Eveybodys‘ Darling, der vermeintliche Weltverbesserer aus gekränkter Eitelkeit und Zurückweisung, dessen Weg letztlich unfassbare Greueltaten pflastern. Neuners Spiel erlaubt die leisen Töne des Selbstzweifels, die Fassungslosigkeit, ob der Brutalität der Räuderbande und fast will man selber das Liebchen eines solchen Räuberhauptmanns sein, bis man wie auch Amalia erkennt, dass er letztlich nur ein Psychopath ist wie sein Bruder Franz. Chapeau!

pia hat das Spiel von Georg Schubert (Daniel, Clown, Alt-Moor) besonders beeindruckt, mich verzauberte Maya Henselek (Kosinzky, Moder, Clown, Alt-Moor) – was die Leistungen von Jens Claßen (Spiegelberg, Hermann, Clowm, Alt-Moor) und Michaela Kaspar (Amalia, Clown, Alt-Moor) nicht schmälern soll:
so ein Abend funktioniert nur als Ensembleleistung! Und er funktioniert: sechs „Vorhänge“, viele Bravos auch für Autor und Team.
Erwähnenswert die Ausstattung (Alexandra Burgstaller) und das multifunktionales Bühnebild – hier wird mit einfachen Mitteln viel erreicht.

Ein interessanter, berührender Theaterabend, auch für die, die „Die Räuber“ nie gesehen  oder schon wieder vergessen haben.

 

Moor und seine BandeFranz MoorMoorland: Karl und Amalia Gottfried Neuner als Franz Moor

 

 

 

 

 

 

 

Moorland. Eine gottverdammte Terroristenbande
Eine Überschreibung von Friedrich Schillers „die Räuber“ von Gernot Plass
Uraufführung

TAG
Theater an der Gumpendorferstraße
Gumpendorferstraße 67, 1060 Wien
Tel.: 01 / 586 52 22
E-mail: mail@das TAG.at
website: http://www.dastag.at/home/

Moorland ist 2012 noch von 4. bis 11.12. und am 20. und 21.12. zu sehen.
2013 gibt es eine Wiederaufnahme am 1., 2., 15., 16.3. und am 15., 16. und 17.4.!

Regulär kostet eine Karte Euro 17,00 bei freier Platzwahl, Euro 15,00 bei online Bestellung; zahlreiche Ermäßigungen; http://www.dastag.at/tagundnachtpaket/ bietet ein Kombiticket mit dem Hafenjungen oder dem Finkh.
Die Stühle im TAG sind nicht rasend bequem und angesichts der Länge des Stücks hätte ich irrsinnig gern einen Sitzpolster dabei gehabt.

Dein Kommentar

keke Spam-Abwehr: *