Romeo & Julia, Wiener Burgtheater 2011, copyright by Georg Soulek

Das Cover des schlichten Progammhefts ziert folgender Satz Julias in blutroten Lettern:

„Dann heißt die Mutter meiner Liebe Hass:
Zu früh gewusst, zu spät, dass ich es lass.
Dies Lieben, das geboren ist, wird Schmerz,
denn an den schlimmsten Feind häng ich mein Herz.“.

Wenn es um Shakespeare’s Liebesdrama geht, bin ich hoffnungslos romantisch, ja der Erzählung regelrecht verfallen.
Eine Liebe, die es nicht geben soll, nicht geben kann, die dann doch für kurze Zeit existiert, nur um sich zu beenden.
Wenn das mal nicht die Idee der Romantik auf’s Präziseste verkörpert!

Hat Ihnen die eigenwillige filmische Umsetzung des Themas von Baz Luhrmann aus dem Jahr 1996 (mit Claire Danes als Julia und Leonardo DiCaprio als Romeo) gefallen?
Dann werden Sie der radikal modernen Inszenierung dieses Stücks an der Burg so einiges abgewinnen können!

Denn die von Thomas Askan Vierich (www.nachkritik.de) zurecht als „Punk“ bezeichnete Fassung des Klassikers durch Regisseur Fabian Bösch hat sich hin und wieder daran angelehnt und im wahrsten Sinne des Wortes gewaschen. Besonders in der Besetzung mit ähnlichen Typen fällt dies auf. Stetig flackerten Bilder in meinem Kopf auf, die mich erinnerten.

Anders als im Film jedoch wird das Bühnenbild auf äußerst ansprechende Art und Weise von Reduktion beherrscht: Wasser, Glas und Metall bilden seine wenigen Elemente. Doch nicht nur hier wurde bewusst gespart, auch am Originaltext in der „sehr heutigen“ (Wiener Zeitung) Übersetzung von Thomas Brasch sind einige Kürzungen vorgenommen worden.
Bezüge zur Gegenwart werden durch zeitgemäße Abänderungen der Sprache, die teils roh, jedoch unglaublich treffsicher ausfallen, hergestellt.

Mit welchen Schauspielern werden wir konfrontiert?
Insgesamt mit einem verknappten Ensemble.
Mit einer „kindlich-trotzigen“ (Frankfurter Rundschau) Julia: Yohanna Schwertfeger, die uns wohl aus der Seele spricht, wenn sie nach ihrem „Happy End“ verlangt; mit einem hitzköpfigen, idealistischen Romeo: Daniel Sträßer, wie es ihn seit Leonardo nicht mehr gegeben hat, an Ausdrucksstärke im Spiel unübertroffen – das sind die zwei Hauptdarsteller.
Die anderen Charaktere glänzen sowohl durch Überzeichnung, besonders in Vater Capulet: Ignaz Kirchner als entertainendem Patriarchen und seiner trunksüchtigen Frau: Petra Morzé, die zu gehorchen hat, sowie der Steigerung ins Alberne, u. a. durch einen exzellenten, extrem kurzweilig-kabarettistisch angelegten Mercutio: Fabian Krüger.

Und dies alles erfolgt ohne der Ersthaftigkeit der Geschichte Abbruch zu tun.
Darin liegt die wahre Stärke dieser Darbietung.

Romeo & Julia, Wiener Burgtheater 2011, copyright by Georg Soulek

Romeo & Julia, Wiener Burgtheater 2011, copyright by Georg Soulek

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alles in allem eine ganz und gar nicht runde, sondern in der ersten Hälfte komödiantische, dann wie gewohnt tragische, „witzig freche“ (Salzburger Nachrichten), „erfrischend andere“ (Kurier), „rotzig leidenschaftliche“ (www.nachkritik.de) Vorstellung, die viel junges Publikum anzieht.

Für Schulklassen ebenso geeignet wie für frisch Verliebte und erfahrene Theatergeher mit Sinn für Neues! Weniger aber für jene, die Wert auf Originaltreue und historische Kostüme legen.

Verbleibende Spieltermine:

im Dezember 2011: 13., 14., 18.

im Jänner 2012: 19., 24.

http://www.burgtheater.at/

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