Helmut Höge: Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung

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Don’t bogart that Kugelfisch, my friend

Das ganze Jahr 2018 warte ich nun schon auf ein Sachbuch, das mich so richtig zu begeistern vermag. Et voilá – hier ist es!

Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung

Der Autor Helmut Höge erzählt in seinem am 1. August 2018 erschienenen Buch „Geschichtln“ und kuriose biologische Fakten rund um die Tierwelt von A wie Ameisen bis zu Z wie Zitteraale. Dabei holt er auch durchaus recht weit aus, über den Tellerrand des biologischen Fachgebiets übermäßig hinausgehend, gleich einem grandiosen Rundumschlag in Politik, Soziologie, Psychologie, Technik, Feminismus, Film, Fernsehen … . Dieser sehr breite Zugang zur Biologie ist kurios, kurzweilig und total wundervoll! So geht Bio! Meine Güte, hätte ich jemals einen Biologielehrer von der Qualität und dem Witz des Autors gehabt und nicht so langweilige Schnarchnasen, dann wäre das wahrscheinlich mein Lieblingsfach geworden.

Ameisen und Algorithmen

So schildert er zum Beispiel, dass die Ameisen- und Termitenforschung seit jeher Gegenstand politischer Vereinnahmung war, sowohl in der nationalsozialistischen, kommunistischen als auch kapitalistischen Welt. Je nachdem welches System gerade herrschte, wurde das Sozialverhalten der Insekten mit dem politischen System verglichen.

„Die Mathematiker entwickelten inzwischen ANT-Algorithmen, die in der Logistik, der Kriegsführung und so weiter zum Einsatz kommen. Wenn Amazon Bücher mit der Bemerkung empfiehlt, „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch …“, dann war da so ein Ameisen-Algorithmus am Werk, den der Konzern so weiterentwickeln will, dass er Waren auswählt, die einem derart gut gefallen könnten, dass Amazon sie sogleich zustellt – ohne dass man sie bestellt hat.“
Kommt Euch das nicht von irgendwoher bekannt vor? Aus Marc-Uwe Klings dystopischem Roman Qualityland nämlichden ich unlängst hier empfohlen habe.

Delphine und Drogen

Aber nicht nur die Viecherl werden alphabetisch abgearbeitet, sondern auch ein paar Verhaltensweisen quer durch alle Tiergattungen. Im Kapitel „Berauschen“ wird man sehr vergnüglich mit den Drogenproblemen von ganzen Arten konfrontiert. So brechen Kängurus, Wallabys und Schafherden in Australien in Mohnplantagen ein, in Indien fallen die opiumsüchtigen Papageien und Antilopen über die Schlafmohnfelder her, schwedische Elche haben schwere Alkoholprobleme, Rentiere lieben psychedelische Pilze und die Igel sind nach mit Bier getränkten Nacktschnecken süchtig, da Hobbygärtner mit Bierfallen ihr Gemüse biologisch gegen die Schnecken schützen.
Den Vogel schießen aber sowieso die Delfine ab. Diese nehmen, um sich zu berauschen, einen Kugelfisch, den sie so lange quälen, bis er sein Gift – Tetrodotoxin – absondert. In der Fernsehshow Was gibt es Neues?  habe ich sogar gehört, dass sie diesen Kugelfisch reihum gehen lassen. Da bekommt das Lied Don‘t bogart that joint (Kugelfisch), my friend eine ganz neue, tierische Bedeutung.

Kakerlaken und Kuriositäten

Die vom Autor beschriebenen Kuriositäten reißen einfach nicht ab. In Ägypten gibt es tatsächlich schon länger die Sitte, einen lebenden Skarabäus, der mit Edelsteinen verschönert ist, an einer Kette als Schmuck zu tragen. Das Tier wird vom Besitzer gehegt und gefüttert. Ich habe sowas bisher nur einmal in einem Castle-Krimi mit Kakerlaken gesehen und dachte, das sei so eine degenerierte New Yorker Idee und Mode. So, jetzt höre ich aber auf zu schwärmen und zu spoilern, es gibt noch genug zu entdecken in diesem Buch.

Letztendlich kommen wir aber doch noch zum einzigen Wermutstropfen dieses Sachbuchs: Es hat nur knapp 160 Seiten und ist vom Format her total winzig, ergo ist man bedauerlicherweise in einem Nachmittag locker durch.

Fazit: Wundervoll, geistreich, humorvoll, großartig, bewusstseinserweiternd … aber zu kurz, zu kurz, zu kurz.
Lieber Helmut Höge! Bitte setzen Sie sich hin und schreiben noch viel mehr dazu.
Ich will mehr! Am besten gleich im Umfang, Gewicht und Format von Brehms Tierleben.

 

Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung, Sachbuch von Helmut Höge, Kollage (c) Alexandra Wögerbauer-Flicker - kekinwien.at

Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung, Sachbuch von Helmut Höge, Kollage (c) Alexandra Wögerbauer-Flicker – kekinwien.at

 

Helmut Höge, Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung

Buchdetails:

  • ISBN: 9783864892318
  • Sprache: Deutsch
  • Ausgabe: Fester Einband
  • Umfang: 158 Seiten
  • Verlag: Westend
  • Erscheinungsdatum: 1.August 2018
  • gesehen um Euro 16,50

 

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