Moya HokeSie sitzt mir im Café Engländer gegenüber: strahlend und zauberhaft mit ihrem jungen Jahrhundertwendegesicht.
Moya Hoke lebt und arbeitet in Wien und schenkt mir zwei Stunden ihrer Zeit für ein Interview.

Kennenlernen durfte ich sie auf einer Pecha Kucha Night:
dort hat sie damals krankheitsbedingt ein Schatten ihrer selbst ihr Projekt dennoch mit großer Leidenschaft und Überzeugungskraft vorgestellt. In Rahmen ihres Studiums Industriedesign an der Angewandten hat sie einen Hocker entwickelt, der überall auf der Welt ohne Einsatz von elektrischem Strom von jedem mit einfachsten Mitteln hergestellt werden kann. Der Plan dazu kann im Internet auf einer Open Design Plattform kostenlos heruntergeladen und ausgedruckt werden (http://www.od-shop.com/ voraussichtlich ab 18.10. 2012).
Das MAK hat übrigens unlängst im Rahmen der Ausstellung MADE4YOU auch eine Anwendung dieses Prinzips in Form eines Ofens für Innenräume mit geringer Emission vorgestellt.

„Nachhaltigkeit ist für mich ein inflationär verwendetes und dadurch gefährliches Wort!“, sagt sie, als ich es in die Diskussion einbringe. „Material und Infrastruktur sind unabhängig von den finanziellen Mitteln oder vom Ort, die Produktion des Hockers erfolgt marktunabhängig und nach Bedarf. Das konkrete Design ergibt sich aus der individuellen handwerklichen Begabung und den lokalen Materialien. Der Konsum ist nicht mehr im Vordergrund.“
Es gibt keine Entfernung vom Ursprung, keine Auslagerung.
Der Hocker ist völlig recyclebar und reparierbar, dreht man ihn um, wird er zum Wäschesack, legt man eine Platte darauf, verfügt man über einen Tisch, zieht man die Stäbe wieder heraus und benützt die optionalen Tragegute, ist er ein Seesack.

ein ausgedienter Kaffeesack hat eine neue Aufgabe

Leder geht natürlich auch.kombinierbar!Gutes Design ist auch schön.

 

 

 

 

 

 

Wer will das in Zeiten der geplanten Obsoleszenz?
Wer braucht das, wem dient es, ist hier die richtige Frage.
„Letztlich geht es um Wertschätzung.“
Gutes Design ist ökologisch, wirtschaftlich und sozial.

Moya Hoke schreibt gerade an ihrer Dissertation „Zur Ideologie der Oberfläche (Arbeitstitel) – Aufkommen und Entwicklung des ökologischen bzw. nachhaltigen Konsums und dessen Einwirkung auf die Produktkommunikation und die Warenästhetik“, eine interdisziplinäre Arbeit, die auch den Blick in die Historie wagt.
„Es wird einen Paradigmenwechsel beim Konsumenten geben müssen“, sagt sie. Sie bleibt sich und ihrem Anspruch treu.

Als ich sie frage, ob auch ich den Hocker bauen könnte, muss sie schmunzeln. „Natürlich. Die Arbeitszeit beträgt etwa fünf Stunden. Eigentlich muss man nur eine halbwegs gerade Naht schaffen. Als Material genügt eine Plane oder ein rissfester Stoff, ein Seil und drei Stäbe. Die Konstruktion folgt den Prinzipien der Tensegrity, eine Leichtbauweise, die Tension und Integrity vereint.“ Ich lerne.

Aus Kärnten stammend, lebt sie seit vielen Jahren in Wien.
Wo sie hier Kunst konsumiert, frage ich sie:“ Ich mag das mumok, kleine Vernissagen, die Off Szene.“
Und Essen? „Im Aromat habe ich ‚mal gekellnert, die Rosa Lila Villa hat eine sehr gute Küche und mein Italiener ist am Spittelberg, das Da Giovanni.“
Beim Kellnern muss ich wieder ans Bedingungslose Grundeinkommen denken und an viele KünstlerInnen, die in Österreich in prekären Verhältnissen leben.
Ihre Lieblingskinos sind das Gartenbau und das Filmcasino. Das wundert wohl niemanden. Sie mag Jarmusch, Chaplin und den Französischen Film. Das Kino am Karlsplatz fällt ihr noch ein, überhaupt der Karlsplatz im Sommer, ein Ort zum Lesen und Freunde treffen.

Wie es mit Open Design bei ihr weitergeht, will ich wissen. Sie sprudelt:“ Ich will eine universelle Box entwickeln, Sitzmöbel, Schlafmöbel, Regale, überhaupt eine ganze Wohnungeinrichtung nach diesem Prinzip. Und ich war am Wiener Kaffeehausexperiment des MAK beteiligt und will mittelfristig Gebrauchsgegenstände für Menschen mit ADHS designen.“

Warum „Moya“, frage ich sie noch, aus Neugier und weil ich ihr noch Stunden zuhören könnte. „Eigentlich heiße ich Andrea, aber meine Eltern haben Moya für mich als Spitznamen erfunden.“
Das Museum Of Young Art fällt einem ein.
Auf Zwaheli bedeutet es „das Herz“.

Anfragen an Moya Hoke über info@kekinwien.at  leiten wir sehr gern an die Designerin weiter!
Hier der link zu ihrem blog: http://moyahoke.tumblr.com/.

Von 18.10. bis 16.11.2012 wird auf der Westbahnstraße im 7. Bezirk eine Ausstellung zum Thema Open Design mit dem Titel „vienna open“ zu sehen sein, die von microgiants mitgestaltet wird. Moya Hoke wird die Ausstellung nach ihren Grundsätzen kuratieren. kek wird berichten.

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