Jüdischer Humor heute: Karikaturen von Ben Gershon in der Ausstellung "Alle meschugge?"„Was ist der Unterschied zwischen Gott und einem polnischen Juden?“
„Gott weiß alles, und ein polnischer Jude weiß alles besser.“ (Ruth Werdigier)

Dieser Witz aus dem Begleitbuch zur neuen Ausstellung des Jüdischen Museums ist ein typisches Beispiel jüdischen Humors.
Alles meschugge? belegt ab heute vergnüglich die Entstehung und Entwicklung desselben seit der Zeit der Spaßmacher bei jüdischen Festen, über die Hochblüte der Unterhaltungskultur in Berlin und Wien in der Zwischenkriegszeit bis heute.
„Schau’n Sie sich das an!“ (Karl Farkas)

Auf zwei Stockwerken, teils multimedial und in einer sehr gelungenen Ausstellungsarchitektur von Cora Akdogan und Julia Landsiedl hat man in sieben Themenschwerpunkten das Vergnügen dem Jüdischen Humor auf den Grund zu gehen. Filmausschnitte (von durchschnittlich fünf Minuten Länge), zahlreiche Tondokumente, Programmhefte, Plakate, Requisiten und persönliche Gegenstände aus dem Nachlass einzelner Künstler wie die beiden Golden Globes von Ephraim Kishon etwa belegen auch, welch große Zäsur die Nazizeit in der Welt des überschäumenden Humors bedeutet hat.

Der der Zeit der Shoah gewidmete Teil berührt besonders. Ich habe es noch nicht gewusst: im KZ Theresienstadt wurde auf Geheiß der Nazis Kabarett gespielt. Viele Künstler, die ihr Leben durch den Gang ins Exil retten konnten, scheiterten dort mit wenigen Ausnahmen (Karl Farkas) und verloren ihre Karriere – und Berufung.
Das Lachen bleibt einem im Hals stecken.

Wiewohl man es in den anderen Bereichen wiederfinden kann, das Lachen und Schmunzeln!
Man begegnet Fritz Grünbaum und Jura Soyfer in Wien, später Gerhard Bronner und Georg Kreisler, reist zu Billy Wilder und Woody Allen nach Hollywood, erinnert sich so gern an George Tabori und kommt mit Dani Levy und Sascha Baron Cohen im Heute an. Eine Stunde sollte man sich mindestens Zeit nehmen für diese Reise, aber auch einen ganzen Tag kann man hier mühelos verbringen, mit einer kleinen Stärkung im Café Eskeles zwischendurch.

Einen Jüdischen Witz sollte man unter Juden übrigens höchstens auf Hochdeutsch zitieren, aber niemals erzählen. Das überlässt man klüger denen, die es können. Wie zum Beispiel Ruth Werdigier (aus dem Begleitbuch zur Ausstellung), die den kürzesten jiddischen Witz zitiert:
„Hallo Mama, wie geht es dir?“
„Danke, sehr gut!“
„Oh, falsch verbunden.“

 

Der Einblick in die "Hall of Fame" des Jüdischen Humors ermöglicht überraschende Begegnungen.

Karl Farkas begegnet einem naturgemäß öfter, wenn es um Jüdischen Humor geht.Einblick in den multimedialen 1. Stock der Ausstellung "Alle meschugge?"Für mich war manches eine Reise in die Kindheit, besonders die Filmausschnitte mit Heinz Rühmann ...

 

 

 

 

 

 

Dr. Danielle Spera bei der Pressekonferenz zur Ausstellung "Alle meschugge?"Rafi Kishon, ein Sohn Ephraim Kishons, schildert seinen Vater als ernsthaften, fast melancholischen Mann. Rafi Kishon bei der Pressekonferenz von "Alle meschugge?"Das Simpl fehlt nicht in der Ausstellung "Alle meschugge?! im Jüdischen Museum Wien

 

 

 

 

 

 

 

Alle meschugge?
Jüdischer Witz und Humor 

Jüdisches Museum Wien
Dorotheergasse 11, 1010 Wien
Tel.: 01 / 535 04 31
E-mail: info@jmw.at
website: www.jmw.at

Öffnungzeiten: So bis Fr 10.00 – 18.00 Uhr
Eintritt: regulär Euro 10,00 (inklusive Eintritt ins Museum Judenplatz), Kinder bis zum vollendenten 14. Lebensjahr frei
Dauer der Ausstellung: 19. März bis 8. September 2013! (Danach reist die Schau im Herbst nach Berlin, Mainz und Dortmund.)

Kuratoren: Marcus G. Patka und Alfred Stalzer
Idee zur Ausstellung: Museumsdirektorin Dr. Danielle Spera

Das Begleit-und Vermittlungsprogramm ist ebenso engagiert und umfangreich wie die Ausstellung selbst und sei hiermit wärmstens empfohlen! Drei Mal pro Woche finden Vorträge und Veranstaltungen statt und jeden Sonntag um 14.00 Uhr zeigt man in der „Hall of Fame“ der jüdischen Künstler des Humors im 2. Stock einen Spielfilm (im Eintrittspreis inkludiert). Ich sage nur: Dr. Strangelove (1964, am 23.6.2013)!

Zur Ausstellung ist ein mit rund 700 Abbildungen reich illustriertes Begleitbuch mit Beiträgen von über 40 AutorInnen erschienen:
Alle meschugge? Jüdischer Witz und Humor
Marcus G. Patka und Alfred Stalzer, 2012, 424 Seiten, 1. Auflage, Amalthea Verlag
ISBN: 978-3-85002-825-7, erhältlich um Euro 34,95 im Bookshop Singer im Museum

 

 

 

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