macondo filmplakat
Macondo.

Eine Flüchtlingssiedlung am Rande von Wien, in der über 2000 Menschen aus allen Herren Ländern leben.
Ein Ort, von dem ich bis dato nichts gehört oder gewusst habe.
Und das, obwohl ich der Meinung bin, eigentlich mit offenen Augen und Ohren durch Wien zu gehen.
Ich muss gestehen, ich schäme mich.

Sudabeh Mortezai zeichnet mit ihrem Spielfilmdebut Macondo nun ein Bild von diesem Ort und dessen Bewohnern und gibt ihm die Aufmerksamkeit, die notwendig ist.

Ramasan (großartig Ramasan Minkailov), ein elfjähriger Tschetschene lebt mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern in Macondo.
Nachdem der Vater im Tschetschenienkrieg starb, floh die Mutter samt Kindern nach Österreich und Ramsan ist nun „der Mann im Haus“.

Die Verantwortung für die ganze Familie lastet auf seinen Schultern. Amtswege, bei denen er als Dolmetscher fungiert, wollen erledigt werden, auf die kleinen Schwestern soll aufgepasst werden und bei der täglich anfallenden Hausarbeit braucht die Mutter Hilfe. Es bleibt nur wenig Zeit zum einfach bloß Kindsein. Manchmal jedoch tritt das Kind dann doch zutage: Fußball und Streiche, die im Laufe der Zeit immer wieder an der Grenze zur Kleinkriminalität schrammen, durchbrechen den ansonsten von Pflichten geprägten Alltag.

Dann taucht Isa auf, scheinbar ein früherer Freund der Familie. Nach anfänglicher Annäherung – es scheint als habe Ramasan endlich eine Art Vaterfigur gefunden – kippt die Beziehung. Tritt da etwa jemand in die Familie ein, der ihm seine Rolle als Mann im Haus streitig machen will?

Die Regisseurin Sudabeh Morteza kommt vom Dokumentarfilm und das merkt man.
Der Film, der nur mit Laiendarstellern besetzt wurde, begleitet Ramasan in seinem Alltag in Macondo. Der Kameramann  Klemens Hufnagl  ist dabei  mit seiner Handkamera oft auf Augenhöhe mit dem Buben, um die Welt aus seinem Blickwinkel einzufangen.

Es ist eine Geschichte der leisen Töne, die nicht wertet und auch nicht mit dem Zeigefinger daherkommt.
Genau deshalb ist dieser Film unglaublich politisch.

Ein Muss – gerade in Zeiten wie diesen, in der die Asylpolitik meist Menschlichkeit vermissen lässt.

 

Macondo

2014, Österreich, 98min
Dehbuch: Sudabeh Mortezai
Regie: Sudabeh Mortezai
mit Ramasan Minkailov, Kheda Gazieva, Aslan Elbiev, Rosa Minkailova, Iman Nasuhanowa, Askhab Umaev, Hamsat Nasuhanow, Champascha Sadulajev, …

Der Film läuft in einigen Wiener Kinos.
Anmerkung: Macondo gewann bei der diesjährigen Viennale den Wiener Filmpreis und den Mehrwert-Preis und war im Wettbewerb der Berlinale 2014 zu sehen.

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