vor dem Filmplakat von "Verblendung"Zu einer Zeit, als die Trilogie „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ von Stieg Larsson hierzulande erst so richtig bekannt wurde, waren die DVDs der ersten Verfilmungen bereits im Umlauf.
Der früh verstorbene schwedische Autor hatte die Serie ursprünglich auf sechs Teile angelegt und im allgemeinen das klassische Erzählmuster eingehalten.
Auch Nationalsozialismus, Kinderschändung, Liebesgeschichte, Wirtschaftskriminalität und Heldentum waren bereits zuvor Versatzstücke ähnlicher Pulp Fiction.

 

Das Novum der Trilogie lag vor allem in der Erfindung der Punk-Heldin Lisbeth Salander.
Sie vereint das Dasein als entmündigte Randnatur mit der Tätigkeit als verdeckte Ermittlerin.
In der Persönlichkeitszeichnung der Protagonistin liegt auch der entscheidende Unterschied zwischen dem Original und der Neuverfilmung:
während Lisbeth im schwedischen Erstling als seelenloser Freak eher schemenhaft bleibt, gibt David Fincher ihrer Person menschliche Tiefe.

Die bisher kaum bebekannte Schauspielerin Rooney Mara steht Noomi Rapace, die durch die Erstverfilmung weltberühmt wurde, um nichts nach. Die zentrale männliche Figur, der Aufdeckungsjournalist Mikael Blomkvist, wird in beiden Versionen zurückhaltend und souverän gespielt, diesmal von Daniel Craig.

Der US-Regisseur verzichtet weitgehend auf eine dramaturgische Steigerung des ohnedies gehaltvollen Ursprungsstoffs, erzählt routiniert und baut auf die auch in den Nebenrollen sehr gut ausgewählten Darsteller.
Die Absicht, die Masse der Kinobesucher zu erreichen und die kommerzielle Verwertung des Streifens auch sonst zu maximieren, ist unübersehbar.
Dennoch ist die Neuverfilmung von „Verblendung“ solides bis wirklich gutes Unterhaltungskino.

Für alle, denen die Grundlage des Films bisher verborgen blieb – die Handlung des ersten Teils der Trilogie entwickelt sich rund um das Verschwinden einer jungen Angehörigen der fiktiven schwedischen Industriellenfamilie Vanger.
Der alternde Patriarch gibt die neuerliche Nachforschung des Jahrzehnte zurück liegenden Kriminalfalls bei Blomkvist in Auftrag.
Auf der Metaebene bildet die Lebensgeschichte Salanders das Bindeglied zwischen den drei Teilen.

Ein Rätsel bleibt.
Was genau macht gerade diese Thriller quer durch alle Gesellschaftsschichten zum zeitgeistigen Lesestoff zwischen Nebraska und Novosibirsk?

Für Larssonfans, und für Craigfans, für Krimileser – und Seher, für den sicheren Vergleich zweier Kinoversionen einer hervorragenden Romantrilogie.

 

Verblendung, The Girl with the Dragon Tatoo

2011, USA, 158 min
Drehbuch: Steven Zaillian
Regie: David Fincher
mit: Rooney Mara, Daniel Craig, Christopher Plummer, Robin Wright,…
freigegeben ab 16 Jahren

spielt im Moment in folgenden Wiener Kinos

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