in der Fabrik, Verarbeitung der Nuri Sardinen, Bild (c) Christoh Habres - kekinwien.at

Auf den Spuren der Kult-Sardine »Nuri«

Es ist nicht einfach Joao Palo Teofilo zu folgen. An diesem grauen, kalten und verregneten Morgen am Fischereihafen von Matosinhos, einem Vorort im Norden von Porto. Es ist nicht nur die Geschwindigkeit, die Senhor Teofilo an den Tag legt, sondern es sind auch die teilweise rasanten Ausweichmanöver, die das Nachkommen erschweren. Denn Gefahr droht an diesem Ort von oben …

Pinhais, die Fabrik, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Pinhais, die Fabrik, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

 

Nicht nur Fischhändler und -verarbeiter sind auf den heutigen Fang gespannt, sondern auch eine Unzahl von Möwen umkreist den Hafen in der Erwartung, dass ein paar Fischchen für sie abfallen. Und die Präsenz der wilden, lauten Möwenarmada beschleunigt die Schritte unwillkürlich – einerseits, weil sie harakirimäßig tief fliegen, andererseits weil sie in ihrem Furor häufig abkacken. Daher zügig und im Zick-Zack-Kurs über den Hafen.

Zum Erste, zum Zweiten, zum Dritten!

 

Sardinen, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Sardinen, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

 

Zurück zu Teofilo. Er ist Manager des Traditionsbetriebes Fábrica de Conservas Pinhais & Co. Unter dem Dach des Unternehmens wird die Kultmarke »Nuri« verarbeitet. Die forcierte Schrittgeschwindigkeit des Managers hat auch damit zu tun, rechtzeitig im Auktionsraum des Hafens anzukommen. Die Fischkutter kommen frühmorgens von ihren nächtlichen Fangfahrten retour und ihre Beute wird tagtäglich versteigert. »Hier muss alles recht schnell gehen«, erklärt Teofilo und verweist auf den Qualitätsanspruch des Unternehmens: »Denn zwischen dem Fang, der Auktion, Verarbeitung und Konservierung liegen gewöhnlich nur wenige Stunden. Ein Einfrieren der Sardinen kommt bei uns nicht vor!«

Kopf ab, Nelke rein

Nach erfolgreichen Verhandlungen und Auktionen werden die Sardinen direkt in die nahegelegene Fabrik geliefert. Hier wird an großen Marmorbecken der Fang kontrolliert und es erstaunt, wie schnell die Damen – bei Pinhais sind mehr als 90 der 104 Mitarbeiter Frauen – unter anderem Sardinen von Makrelen unterscheiden können. (Anmerkung: Siehe Beitragsbild ganz oben bitte!)

Danach heißt es »Kopf ab!«, die Fische werden in Salzwasser (wichtig für den Geschmack) getaucht und gegart. Während der Garung wechseln die Senhoras an ihre Tische. Dort setzt sich das Prozedere fort, weswegen Nuri für handgefertigte, hohe Qualität steht – jede Konserve wird händisch mit den gleichen Beilagen befüllt: Karotten- und Gurkenscheiben (à la minute geschnitten), ein Piri Piri, Pfefferkorn, Nelke, ein zugeschnittenes Lorbeerblatt und drei Sardinen.

 

Blick von oben in der Fabrik bzw Manufaktur für Nuri, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Blick von oben in der Fabrik bzw Manufaktur für Nuri, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

Vorbereitungen vor dem Befüllen mit den Sardinen, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Vorbereitungen vor dem Befüllen mit den Sardinen, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

Zuschneiden der Lorbeerblätter, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Zuschneiden der Lorbeerblätter, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

Karotten- und Gurkenscheiben, Piri Piri, Pfefferkorn, Nelke, Lorbeerblatt: in jeder Dose Nuri gleich, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Karotten- und Gurkenscheiben, Piri Piri, Pfefferkorn, Nelke, Lorbeerblatt: in jeder Dose Nuri gleich, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

drei Sardine pro Nuridose, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

drei Sardine pro Nuridose, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

 

»Deswegen sprechen wir eher von einer Manufaktur als von einer Fabrik«, erklärt Nuno Rocha, der Sales-Manager von Pinhais. Einzig das Anfüllen mit bestem Olivenöl und das Schließen der Konserven erfolgt maschinell – alles andere wird händisch erledigt. Eine Herstellungsweise, die gerade in unserer Zeit überschnellen Produktionsmechanismen Respekt verdient. Und quasi als Sahnehäubchen der Produktion: Die Konservendosen werden auch noch händisch in das Papier und Zellophan gewickelt. Und es wandern einige Millionen von den Konserven pro Jahr über die Tische der Damen, die sich oft den Arbeitstag damit verkürzen, dass sie während der Produktion gemeinsam Lieder singen. Am Nachmittag sind die in der Früh gefangenen Sardinen konserviert und bereit für den Verkauf.

Nuri, die Geschichte

Es herrscht eine ganz eigene Atmosphäre in den Räumen des 1920 gegründeten Unternehmens vor, wo man die Geschichte in den Büroräumen mit einer Einrichtung, die auf jeder Antiquitätenmesse für Furore sorgen würde, spüren und aufgrund der knarrenden Holzböden auch hören kann. Das Erlebnisgesamtpaket ist verantwortlich dafür, dass der Genuss einer Nuri-Konserve zu einer originären Zeremonie wird.

Seit den 1950er-Jahren wird Nuri vom österreichischen Nahrungsmittelkonzern Glatz vertrieben und hat hierzulande Kultstatus erreicht. Jedoch hatte das portugiesische Mutterunternehmen vor einigen Jahren mit erheblichen Problemen zu kämpfen – niedrigere Fangquoten und starker Konkurrenzdruck brachten es in eine finanzielle Schieflage. Die Folge: Nuri verschwand für einige Jahre vom österreichischen Markt. Jakob Glatz, Eigentümer und Geschäftsführer des gleichnamigen Familienunternehmens, sprang zur Rettung ein. Das österreichische Unternehmen erwarb Markenrechte und Produktionsstätte. Bis zum 100-Jahre-Jubiläum 2020 soll ein kleines Museum mit geführten Touren entstehen.

Sardinen und Portwein

 

Niepoort, Flaschen von damals, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Niepoort, Flaschen von damals, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

Niepoort und Nuri, heute ein perfektes Pairing, Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Niepoort und Nuri, heute ein perfektes Pairing, Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

 

Dass die Sardinen als perfekter Snack funktionieren, hat sich über Jahrzehnte bewiesen. In Porto werden sie als Aperitivo sehr gerne mit einem Portwein, wie mit jenen von Niepoort serviert. Hier können sowohl ein sehr trockener Vintage-Portwein als auch ein Ruby Tawny Port als ideale Begleiter dienen. Wunderbare Restaurants in Porto, wie im Taberninha do Manel oder im Lage Senhor do Padrao, überraschen mit eigenen Nuri-Rezepten.

Nuri in Wien

Wie weit es kulinarisch tatsächlich möglich ist, die Sardine in eine Menüfolge einzubauen, hat das Wiener Weinbistro Mast mit Küchenchef Martin Schmid bewiesen. Vom Aperitivo mit Sauerteigbrot und Zutaten wie Ofenpaprika, Sauerklee, Butternusskürbis, Physalis und Haselnuss über eine Vorspeise mit Karfioltartare, Oliven, Salzzitrone bis zum Hauptgang wurden Nuri-Produkte eingesetzt.

Eine feine, klassische Variante serviert das Corbaci im Museumsquartier: Butterbrot, Zitrone & die Sardinen. Und in der lässige Tapasbar Rinkhy hat man auch immer welche vorrätig.

Fazit und Ausblick 

»Für uns wird auch weiterhin die Qualität oberste Priorität haben«, erklärt Jakob Glatz im Gespräch. »Jedoch werden wir unsere Produktionspalette sukzessive erweitern und werden wir im Herbst 2018 zwei feine Patés – eine Sardine, eine Makrele – lancieren. In runden Konserven und immer noch handverpackt.«
(Beitragsbild in der Fabrik, Verarbeitung der Nuri Sardinen, Bild (c) Christoh Habres – kekinwien.at)

 

Nuri Sardinen. Mahlzeit! Bild (c) Christof Habres - kekinwien.at

Nuri Sardinen. Mahlzeit! Bild (c) Christof Habres – kekinwien.at

 

 

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