Wiens Bobos sind keine Langschläfer.
Wie schafften sie es sonst nämlich jeden Samstagvormittag den Karmelitermarkt dermaßen abzugrasen?
Wenn ich mittags ‚ins Gewurl‚ tauche, sehe ich die schönsten Sachen nur mehr in den Einkaufskörben der anderen. Es wird wohl am verlockenden Angebot liegen, das das interessierte Völkchen früh aus den Betten holt.
Viele frühstücken hier nach dem Einkaufen in einem der netten Lokale am Platz. Abgebaut werden die Stände, wenn sie ausverkauft sind oder spätestens gegen 13.00 Uhr. Dann ist beim Marktachterl, Madiani, Tewa und der Frau Isabel Kaas am Markt (!) längst kein freier Sessel mehr zu bekommen.

Wenn der Karmelitermarkt voll erblüht, gibt es Dinge, die man fast nur hier – am Samstagvormittag – findet. Da bauen die Standln mit den Markisendachln ihre Köstlichkeiten auf und der Platz mutiert zu einem Genusslabyrinth. Aber Achtung: nicht am Karmeliterplatz, sondern unweit zwischen Krummbaum und Haidgasse!
Ich habe immer noch kein ‘Einkaufssystem’ für diesen Markt, es gibt keine Reihen und mit ein Mal im Kreis gehen landet man immer wieder bei den Slow Food Anbietern, die unter einem großen gelben Dach vereint sind. Eh vom Feinsten und mit schuld dran, dass der Karmelitermarkt nicht länger dahingrundelt.
Aber es gibt mehr.
Sind es jetzt drei Stände, die Fisch verkaufen (wobei einer auch bestes Biogeflügel hat)?
Wo gibt es DEN Schweizer Käse und das EINE Brot?
Dieser Markt verführt mich immer auf’s Neue etwas zu probieren, an das ich noch nie auch nur gedacht hatte. In meiner Begeisterung, und weil ich noch die oder jenen treffe, vergesse ich leicht, was ich eigentlich nach Hause bringen wollte.

 

 

 

 

 

 

Dabei leuchten hier keine Papageienfische und man wird auch nicht mit einem unüberschaubaren Fischangebot zum Kauf von Meeresbewohnern verführt, die längst vom Aussterben bedroht sind. Statt dessen gibt es besonders viele qualitativ hochwertige Süßwasserfische. Das ist – finde ich – genau das, was man braucht.
Die Käseauswahl wird dafür immer umfangreicher: gut so!
Brot hat Qualität, ob mit mehr oder weniger bekanntem Namen.
Wurst und Speck finden sich in vielen Formen und Variationen (mehr als Frischfleisch), besonders bei einem Anbieter bilden sich immer lange Menschen-/Männerschlangen.

Das Gemüseangebot ist qualitativ gut, bei heimischem Saisongemüse sogar hervorragend. Da, wo die Leute sich für wirklich feste Salatköpfe lange anstellen, sollte man sich auch einreihen.
Es gibt viel Selbstgemachtes: vom Apfelsaft über eingelegte Lilienblüten bis zum Haarshampoo, da taucht auch jede Woche etwas Neues auf.

Anfang Mai ist der Markt ein Fliedermeer, versteckt duften die Maiglöckchen, als nächstes kommen die Pfingstrosen!

 

 

 

 

 

 

 

 

In Mode gekommen sind heuer endlich die so genannten Asiasalate, von denen wir gerade erst lernen, wie sie alle heißen. Mizuna ist einer davon. Schaut aus wie eine Mischung aus Ruccola und Löwenzahn und man verwendet ihn man auch so. Er hat noch eine dezente Schärfe, die bei anderem Grünzeug leider schon weggezüchtet wurde.

Topfpflanzen lachen die an, die auf den Genuss warten können: Paprika, Chili und natürlich Tomaten …, am ertragreichsten sind am Balkon angeblich die verwandten Andenbeeren.

 

 

 

 

 

 

 

 

Sonst ist jetzt Spargelzeit (ein Kilo um die 10,00 Euro). Findet das wer fad?
Dann liegt’s an der Hollandaise aus dem Packerl. Bitte nicht! Dann lieber Hollande.
Mit Mayonnaisen schmecken auch noch alte Rüben, zarten Spargel braucht man nicht zubetonieren, außer man hat ihn geschmacklich zu Rüben verkocht. Wenn man ihn, wie auch immer gegart, in der Mitte in die Hand nimmt, darf er sich nur leicht nach unten biegen. Jetzt gleich den Kopf abbeißen oder mit Erbsen und Erdbeeren zu einem Salat anrichten! Mit Tofu und fermentierten Bohnen zu Reis! Spargel Frittata!
Immer das gleiche (Spargel mit PackerlHollandaise) zu essen gibt dem Menschen Sicherheit; gut, aber ist es nicht Sinn und Ziel Entdeckungen zu machen und Neues zu lernen? Auf dem Karmelitermarkt?!

Und was Wien als echte Großstadt dringend braucht ist ein Nachtmarkt!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bauernmarkt am Karmelitermarkt
zwischen Leopolds-, Haid-, Krummbaumgasse und Im Werd, 1020 Wien
samstags von 8.00 – 13.00 Uhr

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2 comments

  1. William

    Ja, einen Nachtmarkt im Samstag-Umfang braucht es am Karmelitermarkt oder zumindest einen am späten Freitag Nachmittag! Wo kann ich dafür unterschreiben?

    • club

      guter plan!
      der gründung einer initiative steht wohl nichts mehr im wege!

      kek grüße,
      claudia