Bruder

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Bruder

Das fängt ja gut an!
Und noch dazu quasi en famille.
Neues Jahr, neues Lokal: Bruder!

Dabei sind sie gar keine Brüder, der Koch Lucas Steindorfer und der Bartender Hubert Peter, sondern Freunde. Sie haben einander im (mittlerweile geschlossenen) Lokal „Marktwirtschaft“ kennengelernt. Steindorfer kochte dort in der Liebe, Peter mixte vorne in der „Barrikade“. Im Pop-Up Rien, das das Café Griensteidl endgültig zur Geschichte machte, arbeiteten sie wieder zusammen.

(Das Rien haben wir ganz kek zwei Mal ausprobiert, aber das hat für uns irgendwie nicht funktioniert.) Egal, das ist seit Februar 2018 vorbei und die beiden Gastroprofis brachen auf zu neuen Ufern. Sie betreiben seit 9. Jänner 2019 das Nachfolgelokal des gescheiterten „G’schupften Ferdl“. Es liegt am Ende des Durchgangs von der Mariahilferstraße zur Windmühlgasse, in der sich auch die Bar „Luster“ befindet.

Das Familienmotto

„Die klare Zielsetzung unserer Küche & Bar: Die besten Produkte mit Erfahrung und Neugier zu kombinieren, um euch satt und besoffen zu machen.“ (O-Ton Bruder) Ja, das stimmt, kann ich da nur sagen. Satt, sehr zufrieden und Gott sei Dank nicht wirklich „besoffen“ verließen wir nach unserem Besuch unlängst die Lokalität. Die Liste der Produzenten des Lokals kann sich sehen lassen. Die Karte auch – die findest du weiter unten bitte!

  • Dormayer
  • Gragger
  • Wiener Schnecke
  • Hut & Stil
  • Cafebrennerei Franze

Man versteht beim Lesen auch gleich, dass man ins Bruder auf eine Drink – oder zwei, ein Bier, eine Kleinigkeit zum Essen oder ein Mal die Speisekarte rauf und runter kommen kann. Sehr sympathisch.

 

Auszug aus der Speisekarte des neuen Lokals Bruder, Bild (c) kekinwien.at

Auszug aus der Speisekarte des neuen Lokals Bruder, Bild (c) kekinwien,at

Vorspeisen, Eröffnungskarte, Bild (c) kekinwien.at

Vorspeisen, Eröffnungskarte, Bild (c) kekinwien.at

die Hauptgerichte in der Windmühlgasse 20, Bild (c) kekinwien.at

die Hauptgerichte in der Windmühlgasse 20, Bild (c) kekinwien.at

Dessertkarte, Bruder, Bild (c) kekinwien.at

Dessertkarte, Bruder, Bild (c) kekinwien.at

 

Der Bruder mag’s schlicht

Das Ambiente ist reduziert, funktional, aber nicht ungemütlich. Der Charme liegt im Detail. Die zwei Räume werden zum Beispiel unterschiedlich beschallt und in der Küche wird man als Gast am Tisch in der linken, hinteren Ecke beim Plattenspieler dazu aufgefordert, in die Kiste mit Vinyl zu greifen und selber aufzulegen. Merke: Ambros erst nach 23.00 Uhr. (Wie ernst dies gemeint ist, haben wir aus verschiedenen Gründen nicht ausprobiert.)

Es gibt nicht viel, aber zu dem, was da ist, hat man sich etwas überlegt – Design: Manuel Haring. Es entsteht außerdem durch den regen Andrang an Neugierigen und ehemaligen Stammgästen ein ungemein gewinnender Gesamteindruck.

 

Bruder, erster Raum, quasi die Bar, Bild (c) kekinwien.at

Bruder, erster Raum, quasi die Bar, Bild (c) kekinwien.at

Was oben in den Regalen hinter der Theke an Eingelegtem steht, darf noch reifen, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Was oben in den Regalen hinter der Theke an Eingelegtem steht, darf noch reifen, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Aufglegt is! Vinyl rules im Bruder Bild (c) kekinwien.at

Aufglegt is! Vinyl rules im Bruder Bild (c) kekinwien.at

Lucas Steindorfer in seiner Küche, Bild (c) kekinwien.at

Lucas Steindorfer in seiner Küche, Bild (c) kekinwien.at

 

Sehr lässig, Oida!

Wir waren am Tag 3 des Bestehens testen. Im vorderen Raum, also der Bar finden 35 Personen Platz, in der Küche gibt es zwölf Essplätze. Am bewussten Abend war die Gruppe der anwesenden Food Blogger und Gastronomie Kritiker etwas gleich groß wie die aller anderen Esser zusammen. Das war schon ein wenig skurril.

Zum allgemeinen Wohlgefühl trägt die ebenso entspannt wirkende wie großartiger Gastgeberschaft aller Beteiligten wesentlich bei. Und auf den Mund gefallen ist hier auch niemand. Peter kommt immer wieder vorbei und sieht nach dem Rechten, damit man nicht auf dem Trockenen sitzt. Das übrige Service ist ebenfalls aufmerksam, kompetent und in liebenswürdiger Wiese vom hier Angebotenen überzeugt. Steindorfer stellt die Teller zumeist selbst ein. Das mag ich. Wer will, kann „mit den Brüdern“ ordentlich Schmäh führen.

Gib mir Tiernamen!

 

Auszug aus der Barkarte, Bild (c) kekinwien.at

Auszug aus der Barkarte, Bild (c) kekinwien.at

 

Was trinke ich immer, wenn mir gerade nichts (Besseres) einfällt? Genau: Whisky Sour. Der heißt hier so wie die Überschrift und mir ist angesichts der überaus spannenden Weinkarte etwas Besseres eingefallen.

Also, ich will ja nicht „am Watschenbaum rütteln“ – auch ein Cocktailname. Aber ich habe mit den Drinks von Hubert Peter immer noch „ein Problem“. Die Ambition passt, der Einsatz beim Einlegen, Fermentieren, Ansetzen, Kreieren auch, aber ich verstehe sie nicht, seine Cocktails. (Die witzigen Wortschöpfungen der Bar- und auch Restaurantkarte stammen vom leiblichen Bruder des Kochs, von Julian Steindorfer.)

Ich bin bei Cocktails vermutlich altmodisch und sicher mehr und mehr Puristin. Ich liebe es besonders, wenn der Bartender gekonnt verschiedene Spirituosen zu einem neuen Ganzen zu harmonisieren vermag. Und sonst nichts. Ich trinke Cocktails in Wiener Bars seit 1986. In der Zwischenzeit sind so einige Moden und Stile in mich hinein und an mir vorbei geflossen.

 

Mis en place, Bruder, Bild (c) kekinwien.at

Mis en place, Bruder, Bild (c) kekinwien.at

Amaro, hausgemacht, Bild (c) kekinwien.at

Amaro, hausgemacht, Bild (c) kekinwien.at

 

Ich mag Drinks. Ich mag Essen. Und ich will beides getrennt genießen können. Was im Bruder an Cocktails serviert wird, sind kreative Ausbrüche, aufgetürmte, essbare Dekorationen, gestapelten Türme aus (sehr schönen) Eiswürfeln, über die noch flüssige Schokolade geträufelt wird beim Einstellen des Glases: manches schön schaumig, vieles fancy, alles hinreißend hübsch. Für mich bleibt diese Art einen Cocktail zu interpretieren der Versuch quasi ein komplettes Food & Cocktail Pairing in einen Tumbler zu packen, also mehr „Eatable“ als „Cocktail“. Aber vielleicht ist dies für andere Menschen eine gute Strategie sich dem Thema Cocktails zum ersten Mal im Leben zu nähern.

Verkostet habe ich den hausgemachten Amaro (Tanne, Fichte, Walnuss, Eiche). Meine Vorlieben wurde bestens abgefragt im Vorfeld. Die schöne Garnitur mit schwarzer Nuss und kleiner Zitronenzeste machte Freude. Unter den Bittern, die man allerorten so serviert bekommt, gehört dieser sicher zu den Guten. Auf’s Haus zum Kosten gab’s vorab einen Tannensirup, der das Thema „Früchte der heimischen Wälder“, das sich durch die Karten zu ziehen scheint, aufgreift. Nein, das war kein „Christbaum Recycling“, die Zutaten sind im Sommer im Wiener Wald gesammelt worden, denn gut Ding braucht ja bekanntlich Weile. Die äußerst intensiven ätherischen Öle der Weißtanne hätten eine Idee mehr Süße vertragen zur Ausgewogenheit – oder Säure. Super schmeckte der alte Marillenschnaps.

Die Macht der Gefühle

Wie man eine Speisekarte emotionalisiert und mit einer Überschrift eine ganze Geschichte erzählt, können „die Brüder“ perfekt.
Aber die Karte ist nicht nur lustig, sie zeigt Haltung: politische und nachhaltige. Also bitte lesen!

Wie oft sie wechseln wird, ist noch unklar. „Wenn du das nächste Mal kommst, dann koche ich dir einfach etwas!“ antwortete mir der Koch und erzählte, dass am nächsten Tag ein ganzes Lamm geliefert werden wird. Die Ansage, dass Steindorfer hier kocht, worauf er Lust hat, bewahrheitet sich. Und das ist schlicht wunderbar. Ein „nächstes Mal“ wird es bestimmt geben, zum Beispiel mit dem „Menü auf Vertrauensbasis“, die Chef’s Choice, genannt „Fünf plus Fünf“: Je fünf Gänge aus Bar bzw. Küche um Euro 75,00.

Wer den Schweinebauch im Bruder nicht isst, ist selber schuld

Dass Steindorfer bei Christan Petz (im Coburg) gekocht hat, unterschreibt man, sobald man vom Schweinebauch gekostet hat. Holla die Waldfeh, der allein macht schon glücklich. Erfreulich ebenfalls das hausgemachte Chilikraut dazu und vor allem der Senf. Mir würde Schweinebauch mit Brot und Senf genügen, wenngleich die Interpretation als Spieß mit Roter Rübe und weißem Zwiebel schon passt. Den Vorschlag von der Hausabfüllung Doppler ein Glas als Begleitung zu nehmen, war perfekt (Demeter, natural, Zwillingsbruder, Grüner Veltliner, Schmelzer).

Es wurde noch besser

„Butterberge und Milchseen“ kann man als Hommage an Forelle Blau sehen, wenn man mag. Essen kann man es als feinen Wurzelgemüsesud, bei dem alles knackig blieb und nach dem schmecken durfte, was es eben ist. Obenauf zwei Filets von der Bachforelle, gegart in Sauerkrautsaft laut Steindorfer. Ich habe nur einen sehr eleganten, perfekt zubereiteten Fisch von bester Qualität gescheckt. Halleluja.

„Mexico treu bleiben“ entpuppte sich als zwei dünne Kräuterpalatschinken, die so taten als wäre sie Tacos. Drinnen fanden sich Rindfleisch, Apfelkren und frische Spinatblätter, die auf einer anderen Bühne einen Tafelspitz gäben. Das Ganze so gut, dass mir jetzt beim darüber Schreiben schon wieder das Wasser im Mund zusammen läuft. Das esse sehr gern wieder! Aber bitte auf einem anderen Teller. Von Charles Spence Erkenntnissen in „Gastrophysik“ haben die Brüder wohl keine Ahnung. Aber vielleicht ist das ja Kalkül. Das Auge bestimmt  zu rund 70 Prozent das Geschmachserlebnis. Wenn man dieses Gericht auf weißem Porzellan servierte, würden die Gäste vielleicht besinnungslos vor Vergnügen.

„Weihnachten ist vorbei“, eine Schokoladencreme mit eingelegten Früchten fiel ein klein wenig ab zu Rest. Das passte aber für mich, ich konnte mich quasi wieder beruhigen.

Fazit: Ein ungemein vergnüglicher Abend oder auch Frühschoppen am Wochenende im Bruder ist schlicht bestens für Bauch und Gemüt.

 

Schweinebauch, Eingelegtes, Wein, Bild (c) kekinwien.at

Schweinebauch, Eingelegtes, Wein, Bild (c) kekinwien.at

die Bachforelle, Bild (c) kekinwien.at

die Bachforelle, Bild (c) kekinwien.at

Mexico treu bleiben, Bild (c) kekinwien.at

Mexico treu bleiben, Bild (c) kekinwien.at

Weihnachten ist vorbei, Bild (c) kekinwien.at

Weihnachten ist vorbei, Bild (c) kekinwien.at

 

 

Bruder
Küche und Bar

Windmühlgasse 20, 1060 Wien
Tel.: +43 664 1351320
web: https://www.facebook.com/2470874832937726/photos/k%C3%BCche-und-bar-hubert-und-lucaszusammen-sind-sie-bruder-bald/2471518442873365/

Öffnungszeiten: Mi, Do, Fr 17.00 – 1.00 Uhr, Sa 10.00 – 15.00 und 17.00 – 1.00 Uhr, So 10.00 – 15.00 Uhr
Für die Schanigärten wurde noch nicht angesucht und Rauchen kann man draußen vor der Tür.
(Beitragsbild: Hauptgerichte im Bruder (c) Claudia Busser – kekinwien.at)

 

 

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