Ich erinnere mich ungern an einen Jahreswechsel in meiner frühen Jugend.
Die Voraussetzungen für eine mörder Party waren ideal. Ein Einfamilienhaus stand zur Verwüstung zur Verfügung, die Objekte der Begierde waren gesammelt anwesend, das Outfit war silvestergerecht, ich war in Konfettistimmung.

Nun war es aber leider so, dass ich genau zu solchen Gelegenheiten immer wahnsinnig aufgeregt war.
Keine sichtbare Nervosität, kein Zittern, kein Hecheln. Eher ein Gefühl, als hätte ich unter jedem Quadratzentimeter meiner Haut eine Kugeschreiberfeder, die sich im Sekundentakt ausdehnt und wieder zusammenzieht, ein subkutanes Wummern. Um dieses Gefühl kontrollierbar zu machen, trank ich unkontrolliert. Ich wurde immer cooler, was mich darin bestärkte, nach dem Rotwein und dem Cognac noch ein wenig Wodka nachzukippen. Dazwischen aß ich – sehr vernünftig – den wunderbaren Heringssalat mit roten Rüben.
Eine pinke Symphonie.

Mir ging es schon so richtig „gut“ und es war erst 22:30.
Wenn es richtig gut geht, kann es eigentlich nur besser werden und ich entschloss mich Wodka an Wodka zu reihen und dazwischen ein paar Bierchen zu kippen.
23:30! Die Jahreswechselaufregung stieg wieder an, ich freute mich schon auf den Walzer mit dem bereits ausgewählten Opfer, das noch nichts von seinem Glück wußte.
23:45! Vorsorglich machte ich einen Gehversuch und mir wurde um
23:46 klar, dass das ausgewählte Walzer-Opfer ein echtes Opfer bringen müsste.
23:50! Gläser wurden bereitgestellt, Sektflaschen geöffnet.
23:55! Im Türrahmen zur Küche lehnend versuchte ich einen Satz zu sagen. So was wie: „Kann ich helfen?“ Und das war’s.
23:59! Ich stolperte auf die Toilette, um nicht die Sektgläser mit artfremden Flüssigkeiten zu füllen.
00:00! Ich hing über der gastgeberischen Kloschüssel. Von weitem hörte ich die Pummerin. Gelächter. Prosit Neujahr-Geschrei. Schlussendlich den Walzer.
Und ich spie das neue Jahr ein. In Pink.
00:10! Ich dachte mir, der Hering war sicher nicht der Frischeste.

Seither hat sich das Feiern zu Silvester etwas verändert.
Ich bin nicht mehr so aufgeregt, ich habe auch kaum mehr Objekte der Begierde und ich verzichte seit damals gänzlich auf farbenprächtige Heringssalate.
Aber ich muss zugeben: Ich bin noch immer ein Silvester-Fan.
Happy 2013!

Dein Kommentar

keke Spam-Abwehr: *