SOS Brutalismus im AZW

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SOS Brutalismus

Wie die Zeit den Blick verändern kann! Die Strömung des Brutalismus entwickelte sich in der Architektur zeitgleich auf dem ganzen Globus – unabhängig von einzelnen Architekten oder Staaten. Was damals als innovativ, gar revolutionär galt, wurde im Verlauf der Jahrzehnte teils als monströs, unpassend und in Folge auch als nicht erhaltenswert betrachtet. Heute heißt es vermehrt wie die aktuelle Ausstellung im AzW:
SOS Brutalismus, rettet die Betonmonster!

Brutalismus: zeitgleich auf allen Kontinenten

 

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Einblick in die Ausstellung SOS Brutalismus im AzW. Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

In der heutige Rezeption der in der Zeit zwischen 1953 und 1979 entstandenen Bauten erkennt man einen Sinneswandel. Aller Orten wird manchmal verzweifelt und bisweilen leider auch erfolglos um die Erhaltung und einen denkmalgeschützten Status dieser Gebäude gekämpft.

„In den Sechzigern haben meine Bauten Preise bekommen, in den Siebzigern Zustimmung, in den Achtzigerjahren hat man sie infrage gestellt, in den Neunzigern fand man sie lächerlich. Und als es auf 2000 zuging, waren die, die ich am meisten mochte, schon abgerissen“, so der britische Architekt Owen Luder. (Pressetext AzW)

#concrete

 

Betonmodelle in der Ausstellung SOS Brutalismus, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Betonmodelle in der Ausstellung SOS Brutalismus, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Sichtbeton ist roh und sein Aussehen verändert sich mit den Einflüssen der Natur. Die Gebäude wirken manchmal wuchtig, sind oft weithin sichtbare Einzelgänger, waren zum Zeitpunkt ihrer Entstehung jung und wild. Dass sie heute medial wieder in den Fokus der wissenschaftlichen und allgemeinen Aufmerksamkeit gerückt sind, freut mich persönlich sehr und hat wohl auch mit ihrem fotogenen Äußeren zu tun.
Stichwort instagram: #brutalist, #brutalism #brutalismus oder auch #brutal_architecture, letzteres finde ich besonders ansprechend.

 

begeisternd brutales Bauwerk, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

begeisternd brutales Bauwerk, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Die aktuelle Ausstellung im AzW „SOS Brutalismus. Rettet die Betonmonster!“ war für mich natürlich Pflicht.

„Über viele Jahrzehnte wurden die Bauten des Brutalismus als Bausünden verunglimpft, dem Verfall preisgegeben oder abgerissen. Läutet der aktuelle Hype eine Trendumkehr ein? Mit der weltweiten Online-Initiative SOS Brutalismus, die mittlerweile über 1000 Gebäude in einer Datenbank versammelt www.SOSBrutalism.org, wurde auch ein großes Ausstellungsprojekt im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt angestoßen. Die aus der globalen Plattform hervorgegangene Ausstellung bietet erstmals eine weltweite Zusammenschau brutalistischer Bauten, die zwischen 1953 und 1979 auf allen Kontinenten entstanden. Welche gesellschaftlichen Entwicklungen, welche architektonischen und politischen Ideen bilden den Kontext dieses internationalen Phänomens? Die Ausstellung geht aber auch der Frage nach, wie Brutalismus überhaupt definiert werden kann und behandelt mögliche Strategien der denkmalgerechten Sanierung.“ (Pressetext)

Brutalismus: Lieben oder hassen?

 

Detail, das Kurzentrum Bad Gastein verfällt, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Detail, das Kurzentrum Bad Gastein verfällt, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Wer sich selbst ein Bild machen will, kann auch in Österreich brutale Bauten besuchen und bestaunen. Du findest sie zum Beispiel hier:

  • Wotruba Kirche, Wien – auch zu sehen im Hintergrund des headers von kekinwien!
  • Osterkirche, Oberwart
  • Internat Mariannhill, Landeck in Tirol
  • Kongresszentrum, Bad Gastein

Wer seine Aufmerksamkeit für den Brutalismus schärft, wir schneller fündig als vermutet.
So ging es mir neulich kek unterwegs in Madrid, als ich folgende Entdeckungen machen durfte:

 

Brutalismus, Detail, Madrid, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Brutalismus, Detail, Madrid, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Brutalismus im AzW

Ich habe mir über eine Stunde in der Schau gegönnt. Die großen Stellwände, die die Entwicklungen in den unterschiedlichen Teilen der Welt beleuchten, haben mir zusammen mit der Dokumentation des Brutalismus in Österreich (im langen Schaukasten) am besten gefallen. Und vielleicht ist es der folgende Aspekt, den ich gerade heute wichtig finde, der mich besonders berührt:

„Im Grunde ist die Geschichte des Brutalismus ein großes Missverständnis. Viele lassen sich von seiner manchmal unheimlichen Präsenz abschrecken und bewerten ihn ausschließlich nach ästhetischen Kriterien“, so Sonja Pisarik, Kuratorin des Architekturzentrum Wien. Bereits 1957 hatten sich die Urheber des Brutalismus in England, Peter und Alison Smithson, in der Zeitschrift Architectural Designdarüber beklagt: „Bislang wurde der Brutalismus als Stil diskutiert, seinem Wesen nach ist er allerdings eine Ethik.“ Tatsächlich spricht aus den Bauten vielfach der Wunsch nach einer selbstbewussten Demokratie, die sozialen Aufschwung und eine egalitäre Gesellschaft bringen sollte. Die Vertreter des Brutalismus wollten Städte gestalten, die den gesellschaftlichen Austausch über alle Klassengrenzen hinweg ermöglichen.“ (Website Azw)

 

Blick auf den Schaukasten mit Beispielen aus Österreich, Brutalismus, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Blick auf den Schaukasten mit Beispielen aus Österreich, Brutalismus, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Fazit: Wer noch nie mit dieser Phase der Architektur in Kontakt war, wird staunen. Wer brutale Bauten schon länger beachtet, den wird diese Schau erfreuen. Ich hätte der SOS Brutalismus Ausstellung gern noch viel mehr Raum und auch finanzielle Mittel gegönnt, damit der monumentale Aspekt und die Qualitäten des Materials an sich noch deutlicher begreifbar würden. Aber man kann nicht alles haben.
„Schau’n Sie sich das an!“ (Karl Farkas)

 

Poster in der Ausstellung SOS Brutalismus im AzW, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Poster in der Ausstellung SOS Brutalismus im AzW, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

SOS Brutalismus

Architekturzentrum Wien, AzW – Ausstellungshalle 2

Museumsplatz 1,1070 Wien
Tel.: +43 15223115 
web: www.azw.at

Öffnungzeiten: täglich 10.00 -19.00 Uhr
Tickets: € 9 / ermäßigt € 7
Die Ausstellung läuft noch bis zum 6. August 2018 !

KuratorInnen: Oliver Elser/DAM; Österreichschwerpunkt: Sonja Pisarik/Az W
DAM Ausstellungsgestaltung: Rahlwes Pietz
AzW Ausstellungsgestaltung: Peter Duniecki
Modellbau: Technische Universität Kaiserslautern, Fachbereich Architektur

 

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