I SAW THIS

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I SAW THIS

Der Ringturm am Wiener Donaukanal wird seit 2006 jedes Jahr im Sommer verhüllt. Am 22. Juni 2018 wurde die heurige Version im Beisein des Künstlers und von viel Politprominenz eröffnet. Kein geringerer als Gottfried Helnwein gestaltete die Installation I SAW THIS.

Die Arbeiten von Gottfried Helnwein begleiten uns. Schon bevor seine hyperrealistischen Bilder besonders durch die Sujets von Kindern als Gewaltopfer weltweit bekannt wurden, fühlten wir uns quasi als Fans. Da war uns die Retrospektive 2013 in der Albertina natürlich eine vergnügliche Pflicht. Und dass dieses Jahr die Ringturmverhüllung vom Meister gestaltet wurde, ist uns eine große bis in den September anhaltende Freude. Aber wie kommt I SAW THIS bei anderen Menschen an?

 

Helnwein bei der Eröffnung (c) Wiener Städtische VersicherungsvereinRichard Tanzer u Wiener Städtische VersicherungsvereinAndreas Scheiblecker

Helnwein bei der Eröffnung (c) Wiener Städtische VersicherungsvereinRichard Tanzer u Wiener Städtische VersicherungsvereinAndreas Scheiblecker

 

Soll Kunst im Öffentlichen Raum schockieren?

Was schockiert heutzutage überhaupt noch? Aufgeregt wird sich gegen eh alles, immer und überall. Aber einen Schock, aus dem man dann erwacht und in die Handlungsebene kommt, um das Schockierende zu bekämpfen, erlebt man nicht oft, oder? Wie fühlt man sich, schlendert man am Donaukanal entlang und wird von einem überdimensionalen Mädchen mit einer eben solchen Waffe bedroht? Oder ist das Werk so groß, dass man es gar nicht sieht?

 

I SAW THIS, Blick vom Donaukanal, trotdem noch nicht in voller Größe erfassbar, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

I SAW THIS, Blick vom Donaukanal, trotdem noch nicht in voller Größe erfassbar, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Stichwort KÖR, Kunst im Öffentlichen Raum

Was ist die Aufgabe von Kunst im Öffentlichen Raum, so sie denn eine Aufgabe hat? Der Künstler beantwortet diese Frage in einem Interview vom 30.5.2018 für die Tageszeitung der Standard so: „Kunst braucht keine Aufgaben und keine Regeln, das Einzige, was sie braucht, ist absolute Freiheit. ‚Kunst darf alles‘, wie Kandinsky sagt.“

Klare Ansage. Tatsächlich ist die diesjährige Verhüllung bei aller Freiheit aber einem Thema gewidmet, steht sie doch ganz im Zeichen des Gedenkjahres 2018, anlässlich „100 Jahre Republik Österreich“. Gottfried Helnwein will seine Gestaltung des Ringturms als „Appell gegen Gewalt, Terror und Angst“ verstanden wissen. Eine leicht zugängliche Lesart. Die Stadt freut sich sicher über ein weithin sichtbares Kunstwerk einer internationalen Größe auf dem Kunstmarkt.

Der verhüllte Ringturm im Rückblick

Die Konzernzentrale einer Versicherung am Schottenring widmet die sommerliche Gestaltung des 1953 bis 1955 erbauten Gebäudes schon anderen großen Namen. Hier eine Aufstellung der vergangenen Aktionen:

  • Sommer 2017: „Weitblick“ von Mihael Milunović
  • Sommer 2016: „Sorgenfrei“ von Ivan Exner
  • Sommer 2015: „Sommerfreuden“ von Tanja Deman
  • Sommer 2014: „Schleier der Agnes“ von Arnulf Rainer
  • Sommer 2013: „Verbundenheit“ von Dorota Sadovská
  • Sommer 2012: „Gesellschaft“ von László Fehér
  • Sommer 2011: „Familiensinn“ von Xenia Hausner
  • Sommer 2008: „Turm in Blüte“ von Hubert Schmalix
  • Sommer 2007: „Turm des Lebens“ von Robert Hammerstiel
  • Sommer 2006: „Don Giovanni Haus“ von Christian Ludwig Attersee

I SAW THIS, die technischen Details

 

I SAW THIS, Gottfried Helnwein, Ringturm Rückseite, Bild (c) Claudia Busser - kekinwien.at

I SAW THIS, Gottfried Helnwein, Ringturm Rückseite, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Die Errichtung des Kunstwerk bedurfte einiger Anstrengung. Das Gebäude ist rund 73 Meter hoch. Das Kunstwerk beeindruckt auch in Zahlen:

  • 4.000 Quadratmeter Fläche
  • 30 bedruckte Netzbahnen
  • jede Bahn mit rund drei Metern Breite und bis zu 63 Metern Länge

Außerdem zeigt zeigt der Wiener Städtische Versicherungsverein parallel zur Verhüllung eine Selektion des Künstlers im Ausstellungszentrum im Ringturm. „Darunter finden sich auch die beiden Motive der Ringturmverhüllung ‚The Disasters of War 49‘ und ‚The Disasters of War 60‘. Mit ‚CHILD 14‘ und ‚THE MURMUR OF THE INNOCENTS 69‘ sind zwei weitere Arbeiten von Gottfried Helnwein  bei freiem Eintritt zu sehen.“ (Pressetext)
Wer mag, kann sich also tiefer gehend mit dem Thema auseinander setzen.

Fazit: „Schau’n Sie sich das an!“ (Karl Farkas). Wörtlicher als in diesem Fall kann ich es fast nicht meinen.

 

 

I SAW THIS Gottfried Helnwein

wo: Wiener Ringturm, Schottenring 30, 1010 Wien
wann: seit 22. Juni 2018 bis September 2018

 

 

Dein Kommentar

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2 comments

  1. Tanja

    Dass es ein Mädchen ist, ein-wie ich finde-sehr schönes Mädchen, leicht bekleidet, nur mit Unterhemd, und mit einer Waffe in der Hand, ist mir erst aufgefallen, als meine Kinder mich fragten, warum dieses Mädchen mit dem Gewehr schießt. Ja, warum eigentlich? Das Foto als Appell gegen Gewalt, Terror und Angst?…Hm, schwierig das mit diesem Bild zu erklären! Vielleicht hat der Künstler eine Anleitung dafür, wie der Betrachter (vom 2 jährigen Kind bis zum 100 Jährigen) zu diesem Schluss kommen kann?