Copyright by Herbert Brandl, 2012Wenn einem der Bundespräsident die eigene Ausstellung eröffnet, hat man es wohl geschafft. Nun, umso mehr verwunderte es mich, als ich unlängst an einem Sonntag nahezu allein im Kunstforum war. Wer sich also der totalen Versenkung in Brandls Bildwelten hingeben möchte, dem sei von mir ein Sonntag dafür wärmstens empfohlen!

Schon beim Eintreten in den ersten Raum tun sich für den Besucher gewaltige Farbräume auf.

Man lässt sich entführen, nein man wird förmlich hineingesogen in diese Brandlschen Universen, zu denen jeder einzelne verschiedenste Assoziationen hegen kann. Was vom Künstler auch so beabsichtigt ist. Da sind die Farbfeld-, Flecken- und Spurenmalerein, sowie die Bergbilder, und da ist noch einiges mehr.
Mich haben beim Betrachten der teilweise monumentalen, raumgreifenden Großformate mehrere Gefühle ergriffen. Es war eine Mischung aus Überwältigung, Atemlosigkeit (wegen des Höhenflugs, auf den sie einen mitnehmen), sowohl Ent- als auch Beschleunigung, Kontemplation und Freiheit.
Ich finde es schlicht großartig, wenn Malerei so etwas vermag.

Der Vollständigkeit halber muss ich aber auch darauf hinweisen, dass der letzte übervolle Raum in mir Beklemmungsgefühle auslöste.
Ob es an den den Bildraum nahezu sprengenden Hyänen lag, oder den Bronze-Panthern (die gemeinsam mit Franz West entstanden sind), dem Fleischberg-Bild, oder war doch einfach nur die niedrigere Decke Schuld daran? Egal.
Alle anderen Räume wurden perfekt bespielt, sind doch einige Werke eigens für diese lange vorbereitete Schau angefertigt worden.

Brandls Umgang mit Farbe ist äußerst expressiv, dabei sensibel und vielgestaltig. Seine Konzentration auf den Hintergrund in so manchem Gemälde der klassischen Kunstgeschichte, kann für ihn Anreiz und Ausgangspunkt seiner danach entstehenden, pulsierende Malerei sein. Das war mir neu und erscheint mir sehr spannend – für den Besucher von hohem Informationswert. Man wird praktisch in die Sichtweise des Malers eingeführt, erfährt, was ihn inspiriert, beschäftigt und veranlasst, zu malen. Auch Brandls Weg, d. h. seine Entwicklungsphasen als Künstler werden gut nachgezeichnet.

In dem Film zur Ausstellung (made by castyourart) lässt uns der Maler dann auch noch an der Entstehungsweise seiner Werke teilhaben. Was darf man sich von einer Personale bitteschön noch mehr erwarten?

Nichts. Hier wird alles erfüllt.
Und die Kuratoren, Florian Steininger und Ingried Brugger übertreiben keineswegs, wenn sie u. a. zu den Gemälden der letzten Jahre treffend formulieren, dass man als Betrachter „einer daramtischen Flut ausgesetzt ist, die einen in die Tiefen des malerischen Kosmos reißt.“
Großartig nachwirkend und äußerst lohnend, sich von diesem Brandl mitreißen zu lassen, der wie Brigitte Borchhardt-Birbaumer (Wiener Zeitung) schreibt, „die Malerei mit seiner Abneigung des Mittagslichts ein Stück weiter geführt“ hat!

Herbert Brandl http://www.herbertbrandl.com/ wurde 1959 in Graz geboren, studierte an der Angewandten in Wien, nahm 1992 an der documenta IX in Kassel teil, sowie 2007 an der Biennale in Venedig, und ist seit mittlerweile acht Jahren Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. 2009 hatte er eine große Einzelausstellung in den Hamburger Deichtorhallen.

Seine umfassende Werkschau im Kunstforum Wien „Zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit“ läuft noch bis 15. April 2012.

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Tel.: 01 / 537 33 26 
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Öffnungszeiten: täglich 10.00 – 19.00 Uhr, freitags 10.00 – 21.00 Uhr

Viel Spaß beim Sehen!
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